35 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl hat die Ukraine unweit des stillgelegten Kraftwerks ein Zwischenlager für nuklearen Müll in Betrieb genommen. Ziel sei es, «die Sperrzone in ein Territorium der Wiedergeburt zu verwandeln», sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski im Rahmen einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der grössten Atomkatastrophe der zivilen Nutzung der Kernkraft.
In dem Zwischenlager sollen Brennstäbe der drei stillgelegten Kraftwerksblöcke für etwa 100 Jahre lagern. Mit dem Bau war bereits im Jahr 2001 begonnen worden.
Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, erinnerte bei einer Gedenkveranstaltung in der Hauptstadt ausserdem an die vielen Menschen, die damals «zum Preis ihrer eigenen Gesundheit und ihres Lebens mit den Folgen der technischen Katastrophe kämpften». Mehr als 600'000 Menschen halfen laut dem Ex-Boxweltmeister bei der Beseitigung der Unglücksfolgen, löschten etwa den Brand und räumten Trümmer weg.
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Bild 1 von 13. Blick in den zerstörten Kontrollraum, in dem sich die Schichtleiter am 26. April 1986 zu einem verhängnisvollen Experiment hinreissen liessen. Sie koppeln die Anlage vom Sicherheitssystem ab. Plötzlich steigt die Leistung des Reaktors massiv an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 13. Innerhalb weniger Sekunden kommt es zu zwei Explosionen, das Dach des Reaktorgebäudes wird weggesprengt. Eine kilometerhohe Rauchsäule türmt sich auf und reisst Unmengen radioaktiven Staubes mit sich. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 13. Diese Aufnahme, die unmittelbar nach der Katastrophe gemacht wird, stammt vom Fotografen Anatoliy Rasskazov. Er stirbt 2010 an Krebs. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 13. Eine weitere Luftaufnahme, die das Mass der Zerstörung verdeutlicht. Die Strahlung rund um das Atomkraftwerk erreicht zeitweise das 600'000-fache des normalen Wertes. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 13. Ein Arbeiter überprüft im Steuerungsraum die Strahlenwerte (Juni/1986). Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 13. Viele Schweizer Bauern müssen ihre gesamte Gemüseernte vernichten, wie hier bei der Bäuerin Marie Gasser aus Port (BE). In ihrem Betrieb müssen 13'000 Salatköpfe vernichtet werden, obwohl sie im Gewächshaus gewachsen sind. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 13. Schilddrüsenkrebs, Leukämie, Immundefizite, körperliche Missbildungen: Wie viele Kinder und Jugendliche durch Tschernobyl zu Schaden kamen, wird wohl nie restlos geklärt werden (Aufnahme aus dem Jahr 1994). Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 13. Ein missgebildeter menschlicher Fötus und der deformierte Fötus eines Schweins: Der ukrainische Biologie-Professor Vyacheslav Konovalov will damit die unmittelbaren Folgen des Atom-Unfalls belegen. (Bild: April 2006). Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 13. Ein Jahr nach dem Super-Gau demonstrieren Atomkraftgegner in Bern (25. April 1987). Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 13. Offiziell haben 1986 gegen 50'000 Menschen in Pripjat gelebt, drei Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt. Als man die Stadt Ende April/Anfang Mai räumt, sagt man den Einwohnern, es sei nur für wenige Tage. Verstrahlt ist das Gebiet noch immer. Pripjat wird zur wohl grössten Geisterstadt der Welt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 13. Vor dem 26. April 1986 war hier Kinderlachen zu hören: Verlassener Kindergarten in Pripjat (Archivbild). Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 13. Noch ist die Gefahr nicht gebannt: 200 Tonnen Uran schlummern weiterhin im Innern des Reaktorblocks 4. Der Sarkophag, der 1986 hastig übergestülpt wird, ist instabil und brüchig. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 13. Der Bau der neuen Schutzhülle dauerte Jahre. Im Juli 2019 konnte sie über den alten Sarkophag geschoben werden (Aufnahme von März 2016). Bildquelle: Keystone.
Infolge der Explosion des Blocks vier im damals noch sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 wurden radioaktiv verstrahlte Landstriche um die Atomruine gesperrt. Es gab Tausende Tote und Verletzte. Zehntausende Menschen wurden zwangsumgesiedelt.
Keine Abkehr von der Kernkraft
Kiew will das Gebiet nun zunehmend wirtschaftlich nutzen. Im Sommer soll ein weiteres Zwischenlager in Betrieb genommen werden – für Atommüll aus drei von aktuell vier ukrainischen Kraftwerken.
Ungeachtet der Atomkatastrophe kommt heute mehr als die Hälfte der ukrainischen Elektroenergie aus Kernkraftwerken. Auch beim Nachbarn Russland ist eine Abkehr von der Atomenergie nie ein grösseres Thema gewesen.
Der wissenschaftliche Leiter des russischen Instituts für atomare Sicherheit, Leonid Bolschow, betonte bei einer Pressekonferenz, dass es sich um eine «ziemlich sichere Technologie» handle und die Angst in der Bevölkerung überzogen sei. Russlands Atomkonzern Rosatom baut in vielen Staaten neue Reaktoren.