Eine internationale Gruppe von Rechtsradikalen will pseudowissenschaftliche Rassentheorien massentauglich machen. Das zeigt eine Recherche des «Guardians», des «Spiegels» und des «Standards».
Im Mittelpunkt steht Erik Ahrens, ein rechtsextremer Social-Media-Aktivist mit Verbindungen zur AfD. Videoaufnahmen zeigen, wie er von sich selbst sagt, dass er der nächste Führer Deutschlands werden möchte. «Meine Vision ist es, eines Tages in Deutschland zur Wahl anzutreten – in Trump-Manier. Ich will eine populistische Bewegung rund um eine Person führen. So etwas hat es in Deutschland seit 100 Jahren nicht mehr gegeben», kündigte der 30-Jährige bei einem rechtsextremen Treffen im November 2023 an.
Das Treffen fand gemäss den Medienberichten in einem Athener Fischrestaurant statt. Zusammen mit seinem Mitstreiter, Matthew Frost aus Grossbritannien und einem möglichen Investor, skizziert Ahrens seine Pläne für ein internationales Netzwerk, das finanzielle Einnahmen generieren und auf mehreren Standbeinen stehen soll. Was Ahrens nicht wusste: Das Gespräch wurde heimlich gefilmt, von dem vermeintlichen Investor, in Wirklichkeit ein Aktivist der britischen NGO Hope NOT Hate.
Die Organisation stellte das Material zusammen mit anderen Aufnahmen von Treffen dem britischen «Guardian», dem «Spiegel» und dem österreichischen «Standard» zur Verfügung.
Diskurs der Rasse soll wieder ins Zentrum
Die Videos geben Einblicke in Ahrens’ Ideologien und die Mitglieder, die am Aufbau eines globalen Propagandanetzwerks arbeiten. «Sie versuchen verschiedene Firmen und Organisationen aufzubauen, die dazu dienen sollen, den Diskurs so weit nach rechts zu verschieben, dass man die ganze Zeit wieder über Rasse redet», sagt die an der Recherche beteiligte Spiegel-Journalistin Anne Katrin Müller gegenüber SRF.
Für seine Pläne hatte Ahrens einen bedeutenden Investor gefunden: den US-Multimillionär Andrew Conru, bekannt durch seine Gewinne mit Dating-Plattformen wie Adult Friend Finder. Berichten zufolge wollte Conru rund 1.3 Millionen Dollar in das Projekt investieren. Nun zog sich der Investor angeblich wieder zurück, wie er auf Anfrage des Spiegels mitteilte.
Dass es Ahrens gelungen ist, einen Investor zu finden, sei bemerkenswert, sagt Müller. Doch: «Grundsätzlich muss man sagen, dass diese grössenwahnsinnigen Ideen noch keine Massenbewegung geworden sind und das hoffentlich auch nicht werden.»
Ahrens verhilft der AfD auf Tiktok zu Reichweite
Mit seinen Tiktok-Videos dürfte Ahrens hingegen zu den jüngsten Erfolgen der AfD beigetragen haben. Die Partei hat bei der Europawahl 2024 das zweitbeste Ergebnis erzielt und bei jungen Wählern im Vergleich zur letzten Wahl 2019 um 11 Prozentpunkte zugelegt. Auch bei den Landtagswahlen konnte die AfD vor allem bei Jungen grosse Erfolge einfahren.
Ahrens bezeichnete sich selbst hinter verschlossenen Türen als «Berater» der AfD. Inzwischen distanziert sich die AfD jedoch von ihm, weil er im Netz dazu aufgerufen hatte, Bilder von Mädchen zu fälschen, dass es so aussieht, als würden sie zu einem AfD-Song tanzen.
Abgeneigt von ihm dürfte die Partei dennoch nicht sein, meint Müller. «Leute aus den Reihen der AfD haben mir im Gespräch gesagt, für sie sei es gar nicht so schlecht, dass Ahrens pseudowissenschaftliche Rassentheorien verbreite. So wirke die AfD gar nicht mehr so schlimm.»