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Rechtspopulisten in Österreich Wer ist Herbert Kickl?

Die rechtspopulistische FPÖ will ihren Europawahl-Erfolg bei der Parlamentswahl im September wiederholen – angeführt von Parteichef Herbert Kickl.

«Herbert Kickl, 172 Zentimeter gross, 63 Kilo schwer. Angetreten für das Projekt Volkskanzler.» So klingt ein typischer Einstieg in eine Wahlkampfrede von Herbert Kickl.

Es scheint, als ob Kickl selbst noch immer etwas staunt, dass er nun die unumstrittene Nummer eins in der FPÖ ist. Denn die einstmals Grossen in der Partei, Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, sahen in Kickl keinen Politiker, sondern einen Kampagnenmanager.

Herbert Kickl, Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz bei einer Pressekonferenz.
Legende: Kickl sah sich selbst lange als Mann, der lieber im Maschinenraum, genauer im Torpedoraum eines Schiffes und nicht beim Kapitänsdinner seinen Dienst leistet, wie er selbst einst sagte. (im Bild v.r.n.l. Herbert Kickl, der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz) Reuters/Leonhard Foeger (06.03.2019)

Kickl ist rhetorisch schärfer als jeder andere im politischen Betrieb Österreichs, mit Slogans wie «Heimatliebe statt Marokkanerdiebe», «Volksvertreter statt EU-Verräter» oder «Dahom statt Islam».

Aber er ist kein Charismatiker. Er ist ein Einzelgänger, ein Bergsteiger. Als er 2018 seine langjährige Lebensgefährtin heiratete, sei niemand dabei gewesen, nicht einmal ein Trauzeuge, schreiben seine Biografen, die Profiljournalisten Robert Treichler und Gernot Bauer.

Sein Weg habe ihn weder zu einem Abschluss noch in die Nähe eines Berufs geführt. Um ein Haar hätte er im Nichts geendet, schreiben die Biografen. Kickl ging zur FPÖ. Nach der sogenannten Ibiza-Affäre 2019 musste der damalige FPÖ-Chef zurücktreten. Da war der Weg an die Spitze frei.

Was will Kickl?

Corona gab Kickl die Gelegenheit, die Unzufriedenen unter dem Dach der FPÖ zu bündeln. Obwohl er zuerst für scharfe Schutzmassnahmen war, wandelte er sich rasch zu ihrem schärfsten Gegner. Und dann war Kickl ganz oben.

Als typischer Rechtspopulist bekämpft er das sogenannte System. «Und wir führen tatsächlich einen Freiheitskampf, ihr alle. Ihr führt diesen Freiheitskampf gegen das System, gegen diese selbsternannten Eliten. Das sind diese politischen Snobs und diese Schnösel.»

Redner auf einer Bühne vor Publikum mit Schriftzug 'MIT EUCH GEGEN DAS SYSTEM.'
Legende: 2019 setzte Kickl gar eine Razzia beim Verfassungsschutz durch, der ihm als damaligem Innenminister unterstellt war. Denn Kickl war der Überzeugung, sogar der Verfassungsschutz sei mit ihm feindlich gesinnten ÖVP-Funktionären durchsetzt. Keystone/APA/Christian Bruna (24.05.2024)

Berührungsängste mit den rechtsextremen Identitären kennt er nicht, sondern bezeichnete sie als eine Art Nichtregierungsorganisation, als NGO von rechts. In einem ORF-Interview sprach er sich dafür aus, straffällig gewordene Österreichern mit Migrationshintergrund die Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen und sie auszuweisen.

Kickl spricht gelegentlich von einer Dritten Republik, ein Begriff, den er von Jörg Haider übernommen hat. Migration ist dabei ein Kernthema. Sein Biograf Robert Treichler erklärt: «Die Wunschrepublik von Herbert Kickl sieht bestimmt so aus, dass Pushbacks möglich sind. Er will eine Festung Österreich. Er will das Modell, das Orban in Ungarn verwirklicht hat, mit der Festung Ungarn, in diesen Bereichen kopieren.»

Mann mit Brille spricht ins Mikrofon.
Legende: «Wenn jemand glaubt, er kann hier sozusagen diese Gesellschaft verachten, diese Gesellschaft sogar bekämpfen, dann können wir aber auch eine Rechtslage herstellen. Das ist die Demokratie, dass wir dann eine Rechtslage herstellen, dass man solchen Leuten die Staatsbürgerschaft auch wieder entziehen kann.» Keystone/APA/Alex Halada (15.06.2024)

Kickl möchte eine nationale Grundrechtscharta anstelle der Europäischen Menschenrechtskonvention. Doch so einfach sei das nicht, gibt Gerold Pauer zu bedenken, der Ko-Autor der neuesten Kickl-Biografie:

«So einfach könnte das ein Herbert Kickl nicht aushebeln. Auch als Innenminister hat er zwar angekündigt, es wird null Immigration mehr geben, und es wird keine Asylwerber mehr in Österreich geben können. Aber er hatte auch ein Rendezvous mit der Realität. Auch er als Innenminister konnte das nicht verhindern, dass sich Österreich weiterhin an internationales Recht hält, unter anderem an die Europäische Menschenrechtskonvention.»

Herbert Kickl und die FPÖ werden laut Umfragen möglicherweise die Parlamentswahl gewinnen. Ob er auch eine Regierung bilden können wird, ist noch offen. Die ÖVP schliesst zwar eine Koalition mit Herbert Kickl als Person aus, aber nicht grundsätzlich mit der FPÖ.

Rendez-vous, 19.06.2024, 12:30 Uhr

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