Weisser Terror ist, wenn Weisse – meist Männer – rechte Hetze betreiben. Jüngst geschehen in Halls Gap, einem kleinen Dorf im Süden Australiens. Eine Gruppe schwarz gekleideter junger Männer verbreitete Angst und Schrecken.
Sie grölten rassistische Parolen, mit Nazi-Emblemen auf der Brust, und zelebrierten ihre faschistische Gesinnung. Der Vorfall ist nur ein Beispiel für das wachsende Problem, das Mike Burgess, der Chef des australischen Geheimdienstes ASIO, schon im vergangenen Jahr schilderte.
Burgess – ein Mann, der normalerweise im Schatten arbeitet, ein Spion – trat ans Licht, und sagte: Die Gefahr des rechtsextremen Terrorismus in Australien sei real und wachse. In Vororten im ganzen Land träfen sich Gruppen von Neonazis zum Kampftraining und um hasserfüllte Ideologie zu teilen. Der Kampf gegen Rechtsextreme beansprucht inzwischen 40 Prozent der Kapazität der Spione. 2016 waren es noch zehn Prozent gewesen.
Das erstaunt die Terrorismusexpertin Ann Aly überhaupt nicht, wie sie in einem Onlineseminar erklärt. Überraschend sei nur, dass die Behörden ihren Fokus endlich auf die Gefahr von rechts gelegt hätten – auf die Gefahr, die von weissem Terror ausgehe. Denn über Jahrzehnte hatten sich Beamte und Politik auf potenzielle Terroristen aus dem islamistischen Lager konzentriert.
Attentat von Christchurch als Weckruf
Australien war lange führend im Kampf gegen diesen Terror, im Gleichschritt mit seinem Verbündeten, den USA. Derweil konnten sich im ganzen Land unbehelligt rechtsextreme Zellen mit einer rassistischen, weiss-nationalistischen oder fundamentalistisch-christlichen Ideologie entwickeln.
Sie sahen sich stimuliert vom terroristischen Erfolg Gleichgesinnter, wie dem australischen Amokläufer, der vor zwei Jahren in Neuseeland in zwei Moscheen 51 muslimische Betende erschossen hatte. Das Massaker war ein Weckruf, auch für den australischen Geheimdienst.
Bis heute verdrängt das weisse Australien, dass der Mörder aus seinen Reihen kam.
Denn australische Rassisten und Faschisten feierten die Tat. Seither häufen sich Meldungen über Festnahmen von Neonazis, von motivierten Einzelkämpfern, denen die Planung von Angriffen vorgeworfen wird. Ann Aly, selbst Muslima, fällt auf, dass dabei die Polemik fehle, die normalerweise die Verhaftung islamistischer Verdächtiger begleite.
Konservative Politiker und Medien forderten die islamische Gemeinde sogar auf, sich für Terroristen in ihrer Mitte zu entschuldigen. Nicht so beim Massenmörder von Christchurch, der in einer typisch australischen Kleinstadt aufgewachsen war. Bis heute, sagt Ann Aly, verdränge das weisse Australien, dass der Mörder aus seinen eigenen Reihen kam.