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Selenski sieht die UNO in einer Sackgasse
Aus 10 vor 10 vom 20.09.2023.
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Reden im UNO-Sicherheitsrat Selenski und Lawrow liefern sich ein Fernduell

  • Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat vor dem UNO-Sicherheitsrat gesprochen.
  • Während der Rede des ukrainischen Präsidenten war der russische Aussenminister Sergei Lawrow nicht im Saal anwesend.
  • Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja nahm für Russland an der Sitzung des Sicherheitsrats teil.
  • Sergei Lawrow sprach später im Namen Russlands zur UNO – während Selenski den Saal verliess.

Bei seinem Auftritt beklagte Selenski die Machtlosigkeit der Vereinten Nationen und forderte grundlegende Reformen. Die Vereinten Nationen reagierten auf Probleme mit «Rhetorik» anstatt mit «echten Lösungen», sagte er. «Die Menschheit setzt ihre Hoffnungen nicht mehr auf die UNO, wenn es um die Verteidigung der souveränen Grenzen der Nationen geht», mahnte er.

Selenski: Sicherheitsrat muss erweitert werden

Selenski sagte, es seien bereits 574 Tage des Schmerzes, der Verluste und des Kampfes vergangen, seitdem Russland in die Ukraine einmarschiert sei. Russland habe Zehntausende Ukrainerinnen und Ukrainer getötet und Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Die Vereinten Nationen hätten das nicht verhindert. «Wir sollten erkennen, dass sich die UNO in der Frage der Aggression in einer Sackgasse befindet», beklagte er. 

Deutschland ist zu einem der wichtigsten globalen Garanten für Frieden und Sicherheit geworden.
Autor: Wolodimir Selenski Präsident Ukraine

Er kritisierte, das Vetorecht Russlands blockiere die Vereinten Nationen. Die UNO-Generalversammlung müsse eine Befugnis erhalten, um ein solches Veto zu überwinden. Ausserdem sollten mehr Mitglieder in den UNO-Sicherheitsrat aufgenommen werden. «Deutschland ist zu einem der wichtigsten globalen Garanten für Frieden und Sicherheit geworden», sagte Selenski. Es habe einen Platz unter den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates verdient. Auch Lateinamerika und die pazifischen Staaten sollten dort dauerhaft vertreten sein, ebenso die Afrikanische Union. Asien verdiene ebenfalls eine stärkere Präsenz. Es sei ungerecht, wenn Milliarden Menschen dort nicht repräsentiert seien.

Erweiterung seit Jahren ein Thema

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Dem Sicherheitsrat gehören derzeit 15 der 193 UNO-Mitgliedstaaten an. Fünf Atommächte sind ständig dabei und haben Vetorecht bei allen Entscheidungen: die USA, China, Russland, Grossbritannien und Frankreich. Einige der anderen 188 Mitgliedstaaten wechseln sich auf den verbleibenden zehn Sitzen alle zwei Jahre ab. Deutschland bewirbt sich alle acht Jahre um einen Sitz, das nächste Mal für 2027/28. Die Bundesregierung erhebt ausserdem den Anspruch, bei einer Erweiterung der ständigen Sitze als grösste Wirtschaftsmacht Europas berücksichtigt zu werden.

Seit Jahren gilt das Gremium wegen gegenseitiger Blockaden der USA, Chinas und Russlands in zentralen Fragen als weitgehend handlungsunfähig. Über eine grundlegende Reform des Sicherheitsrats wird seit Jahrzehnten diskutiert, ohne dass es Fortschritte gibt.

Selenski plädierte bei seiner Ansprache auch für ein System, um früh auf Angriffe auf die Souveränität anderer Staaten zu reagieren. Die russische Invasion in die Ukraine habe gezeigt, welchen Nutzen ein solcher Mechanismus haben könnte und welche Auswirkungen mächtige Sanktionen gegen einen Aggressor hätten – in der Phase des Aufbaus der Invasionsarmee.

Lawrow: Schwere Vorwürfe an den Westen

Eine Stunde nach Selenskis Rede begann der russische Aussenminister Sergei Lawrow mit seiner Replik. Darin macht er dem Westen schwere Vorwürfe. In der Rhetorik der westlichen Gegner Russlands höre man die Slogans «Invasion», «Aggression», «Annexion» und nicht ein Wort über die Ursachen der Probleme, sagte Lawrow. Er äusserte sich im Rahmen einer langen geschichtlichen Abhandlung über die Entwicklungen auf der von seinem Land 2014 besetzen Krim und die darauffolgenden Verhandlungen mit dem Westen.

Gespräche Selenski–Biden

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Nach seinem Besuch in New York will Selenski nach Washington weiterreisen. Dort sind am Donnerstag Treffen mit US-Präsident Joe Biden und Kongressmitgliedern geplant. Die Vereinigten Staaten sind die wichtigsten Verbündeten der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland.

Lawrow warf dem Westen einen «Überlegenheitskomplex» vor. Von Fall zu Fall greife der Westen selektiv auf Normen und Prinzipien zurück, «ausschliesslich auf der Grundlage seiner engstirnigen geopolitischen Bedürfnisse». Dies habe zu einer Erschütterung der globalen Stabilität sowie zur Verschärfung und Entstehung neuer Spannungsherde geführt.

«Die Risiken globaler Konflikte sind gestiegen», anstatt dass man sie eindämme und die Dinge auf einen friedlichen Weg bringe, sagte er. Russland bestehe weiterhin darauf, dass alle Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen respektiert und angewendet werden, «nicht punktuell, sondern in vollem Umfang».

Tagesschau, 20.9.2023, 19:30 Uhr ; 

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