- Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat vor dem UNO-Sicherheitsrat gesprochen.
- Während der Rede des ukrainischen Präsidenten war der russische Aussenminister Sergei Lawrow nicht im Saal anwesend.
- Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja nahm für Russland an der Sitzung des Sicherheitsrats teil.
- Sergei Lawrow sprach später im Namen Russlands zur UNO – während Selenski den Saal verliess.
Bei seinem Auftritt beklagte Selenski die Machtlosigkeit der Vereinten Nationen und forderte grundlegende Reformen. Die Vereinten Nationen reagierten auf Probleme mit «Rhetorik» anstatt mit «echten Lösungen», sagte er. «Die Menschheit setzt ihre Hoffnungen nicht mehr auf die UNO, wenn es um die Verteidigung der souveränen Grenzen der Nationen geht», mahnte er.
Selenski: Sicherheitsrat muss erweitert werden
Selenski sagte, es seien bereits 574 Tage des Schmerzes, der Verluste und des Kampfes vergangen, seitdem Russland in die Ukraine einmarschiert sei. Russland habe Zehntausende Ukrainerinnen und Ukrainer getötet und Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Die Vereinten Nationen hätten das nicht verhindert. «Wir sollten erkennen, dass sich die UNO in der Frage der Aggression in einer Sackgasse befindet», beklagte er.
Deutschland ist zu einem der wichtigsten globalen Garanten für Frieden und Sicherheit geworden.
Er kritisierte, das Vetorecht Russlands blockiere die Vereinten Nationen. Die UNO-Generalversammlung müsse eine Befugnis erhalten, um ein solches Veto zu überwinden. Ausserdem sollten mehr Mitglieder in den UNO-Sicherheitsrat aufgenommen werden. «Deutschland ist zu einem der wichtigsten globalen Garanten für Frieden und Sicherheit geworden», sagte Selenski. Es habe einen Platz unter den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates verdient. Auch Lateinamerika und die pazifischen Staaten sollten dort dauerhaft vertreten sein, ebenso die Afrikanische Union. Asien verdiene ebenfalls eine stärkere Präsenz. Es sei ungerecht, wenn Milliarden Menschen dort nicht repräsentiert seien.
Selenski plädierte bei seiner Ansprache auch für ein System, um früh auf Angriffe auf die Souveränität anderer Staaten zu reagieren. Die russische Invasion in die Ukraine habe gezeigt, welchen Nutzen ein solcher Mechanismus haben könnte und welche Auswirkungen mächtige Sanktionen gegen einen Aggressor hätten – in der Phase des Aufbaus der Invasionsarmee.
Lawrow: Schwere Vorwürfe an den Westen
Eine Stunde nach Selenskis Rede begann der russische Aussenminister Sergei Lawrow mit seiner Replik. Darin macht er dem Westen schwere Vorwürfe. In der Rhetorik der westlichen Gegner Russlands höre man die Slogans «Invasion», «Aggression», «Annexion» und nicht ein Wort über die Ursachen der Probleme, sagte Lawrow. Er äusserte sich im Rahmen einer langen geschichtlichen Abhandlung über die Entwicklungen auf der von seinem Land 2014 besetzen Krim und die darauffolgenden Verhandlungen mit dem Westen.
Lawrow warf dem Westen einen «Überlegenheitskomplex» vor. Von Fall zu Fall greife der Westen selektiv auf Normen und Prinzipien zurück, «ausschliesslich auf der Grundlage seiner engstirnigen geopolitischen Bedürfnisse». Dies habe zu einer Erschütterung der globalen Stabilität sowie zur Verschärfung und Entstehung neuer Spannungsherde geführt.
«Die Risiken globaler Konflikte sind gestiegen», anstatt dass man sie eindämme und die Dinge auf einen friedlichen Weg bringe, sagte er. Russland bestehe weiterhin darauf, dass alle Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen respektiert und angewendet werden, «nicht punktuell, sondern in vollem Umfang».