Das meiste Tropenholz in Brasilien wird illegal gefällt und dann mit gefälschten Dokumenten exportiert. Mit Genehmigung eines Richters des Obersten Gerichtshofs untersuchte die Bundespolizei letzte Woche Konten, Büros und Wohnungen von Umweltminister Ricardo Salles. Er steht im Verdacht, in einen illegalen Holzhandel verwickelt zu sein.
Salles weist alle Vorwürfe zurück: «Ich möchte hier meine Überraschung kundtun. Diese Aktion finde ich übertrieben und unnötig – denn ich stand stets zur Verfügung, um über sämtliche Fragen Auskunft zu geben.»
Ich stand stets zur Verfügung, um über sämtliche Fragen Auskunft zu geben.
Salles ist die Schlüsselfigur in Brasiliens umstrittener Umweltpolitik und einer der wichtigsten Minister in der Regierung von Präsident Bolsonaro. In den letzten zweieinhalb Jahren hat der Umweltminister durch Budget- und Personalkürzungen alle Kontroll- und Überwachungsinstitutionen im Regenwald reduziert oder geschlossen. Unter Salles wurden die Aktionen gegen Holzfäller gestoppt und kaum noch Strafen verhängt.
Leere Versprechungen am US-Klimagipfel
Genau das Gegenteil hat Präsident Jair Bolsonaro vor einem Monat am US-Klimagipfel versprochen: «Ich betone hier unser Versprechen, die illegale Abholzung bis 2030 abzuschaffen. Obwohl unsere Regierung knapp bei Kasse ist, habe ich die Stärkung der Umweltbehörden angeordnet. Das Budget für die Kontrollen wird verdoppelt.»
Obwohl unsere Regierung knapp bei Kasse ist, habe ich die Stärkung der Umweltbehörden angeordnet.
Weniger als 24 Stunden nach dieser Rede auf dem Klimagipfel kürzte Bolsonaro das Budget für das Umweltministerium um 24 Prozent. Nach jahrelangen Einsparungen droht nun eine komplette Lähmung der Umweltbehörden.
Auf dem Klimagipfel hatte Bolsonaro zudem versprochen, das Amazonasgebiet besser zu schützen. Satellitenbilder aber zeigen: Es wird mehr und mehr gerodet. Im Amazonas waren es im April rund 500 Quadratkilometer Regenwald. Das entspricht 81'000 Fussballfeldern. Laut dem brasilianischen Weltraumforschungsinstitut INPE wurde 43 Prozent mehr gerodet als im April vor einem Jahr.
Mit Bolsonaro stieg der Druck auf den Regenwald
Marcio Astrini, Direktor der brasilianischen Umwelt-Denkfabrik «Observatório do Clima», stellt fest: «In Wahrheit gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem, was Bolsonaro im Ausland redet und dem, was er hier in Brasilien sagt und tut.»
Sieben Minuten lang Lügen auf dem Klimagipfel stünden zwei Jahren mit täglichen Aktionen gegen die Umwelt gegenüber, so Astrini: «Die Regierung ist nicht auf der Seite des Waldes oder der Indigenen – sie ist auf der Seite der Umweltverbrecher.»
Die Regierung ist nicht auf der Seite des Waldes oder der Indigenen – sie ist auf der Seite der Umweltverbrecher.
Seit Beginn seiner Amtszeit stellt sich Bolsonaro stets an die Seite der Holz- und Fleischindustrie. Diese benötigt immer wieder neue Weideflächen für die Aufzucht immer grösserer Herden von Masttieren wie vor allem Rindern. Aber nicht nur diese Industrie ist einflussreich.
Gut möglich, dass Umweltminister Ricardo Salles die Untersuchungen der Justiz politisch überstehen wird. Der für den Fall zuständige Generalstaatsanwalt gilt als Bolsonaro-Vertrauter.