Im brasilianischen Amazonas wird zurzeit so viel Regenwald gerodet wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Naturschützer schlagen schon lange Alarm, aber auch die Wirtschaft fürchtet mittlerweile negative Auswirkungen auf das brasilianische Umwelt-Image. Denn internationale Wirtschaftsvertreter machen neue Investitionen in Brasilien zunehmend von Schritten gegen die Zerstörung des Regenwalds abhängig.
Ziel: Image-Korrektur
Mit dem Projekt «Adoptiert einen Park» probt Präsident Jair Bolsonaro jetzt eine Image-Korrektur, nachdem er den staatlichen Umweltschutzbehörden kontinuierlich die Mittel gekürzt und die Ausbeutung der Reichtümer des Amazonas ausdrücklich zum Ziel erklärt hat.
«Der internationale Druck auf die Regierung Bolsonaro ist dermassen gestiegen, dass sie den Schutz des Amazonas privatisieren will», erklärt SRF-Lateinamerika-Korrespondent David Karasek.
Patenschaften gegen Finanzmisere
So können Brasilianer die Patenschaft über eine Hektare Amazonas für umgerechnet acht Franken übernehmen, Ausländer zahlen rund 110 Franken. Insgesamt verspricht sich die Regierung so Einnahmen für die Umweltbehörde von 500 Millionen Franken.
44 Prozent des Amazonasgebiets stehen insgesamt unter Naturschutz. Der Staat ist nicht in der Lage, die Flächen effektiv gegen Eindringlinge, Goldsucher und Viehhalter zu schützen. Zum Teil fehlt gar der Sprit für Kontrollflüge.
Warum gerade jetzt?
Dass das Projekt gerade jetzt lanciert wird, hängt zum einen mit den Aussagen des neuen US-Präsidenten Joe Biden zusammen, eine fortlaufende Umweltzerstörung in Amazonien werde negative Folgen für die brasilianische Wirtschaft haben.
Zum andern möchte Bolsonaro Brasilien zum OECD-Vollmitglied machen. Die Organisation hat die Aufnahme allerdings vor einer Woche vorerst von der Tagesordnung gestrichen – wegen Brasiliens Umweltproblemen.
Kritik und fehlendes Vertrauen
Das Projekt «Adoptiert einen Park» wird scharf kritisiert. So wirft unter anderem Greenpeace Brasilien der Regierung vor, sie schiebe die Verantwortung für den Umweltschutz an die Unternehmen ab.
Umweltminister Ricardo Salles hatte mehrfach zehn Milliarden Dollar jährlich von reichen Ländern gefordert, um den Amazonas zu schützen. Die internationalen Regierungen sind aber zurückhaltend, weil nicht klar ist, wie und wo das Geld eingesetzt wird.
Ähnlich ist es laut Karasek mit dem neuen Patenschaftsprojekt, dessen Mittel direkt an die staatliche Umweltbehörde fliessen sollen. Unternehmen könnten das Geld ja direkt an einschlägige NGOs und Umweltorganisationen geben. Zugleich gäbe es ja eigentlich den von Deutschland und Norwegen finanzierten Amazonas-Fonds. Dessen Mittel liegen allerdings seit Jahren auf Eis, weil es Bolsonaro nicht passt, dass die NGOs im Fonds ein Mitspracherecht haben.