- In Österreich sind die Verhandlungen über eine Regierungsbildung geplatzt – die rechtsnationale FPÖ und die konservative ÖVP konnten sich nicht einigen.
- Dies teilte FPÖ-Chef Herbert Kickl nach einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Wien mit. Er habe den Regierungsauftrag zurückgegeben.
- Nun könnte es in Österreich eine Expertenregierung geben, aber auch Neuwahlen wären möglich.
Obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei, «waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt», heisst es in einem Schreiben von Herbert Kickl an den Bundespräsidenten.
Die FPÖ fordert nun rasch Neuwahlen, sagte Generalsekretär Christian Hafenecker. Die Bevölkerung solle sich entweder für eine Regierung entscheiden, die für «klare Werte» der FPÖ stehe oder für ein «chaotisches Verliererbündnis» mit den anderen Parteien. Hafenecker gab der ÖVP die Schuld am Platzen der Regierungsgespräche. Es sei der ÖVP nur im Machtfragen und Ministerposten gegangen, nicht um Inhalte.
Die ÖVP sieht die Verantwortung bei FPÖ-Chef Herbert Kickl. «Leider ist Herbert Kickl aus der Rolle des Oppositionspolitikers nicht ausreichend in die Rolle eines Regierungschefs gewechselt», sagte ÖVP-Obmann Christian Stocker. Das Beharren der FPÖ auf dem Innenministerium sei inakzeptabel gewesen.
Van der Bellen lädt erneut zu Gesprächen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen will mit den Parteiverantwortlichen Gespräche führen, um das weitere Vorgehen auszuloten. Er nannte die möglichen Optionen: Neuwahlen, frühestens in einigen Monaten, eine Minderheitsregierung, eine Expertenregierung oder dass die Parteien eine Regierung mit einer Mehrheit im Parlament bilden könnten.
Es sei zwar unerfreulich, für das Staatsganze aber kein Grund zu Beunruhigung, denn «wir haben eine Regierung und wir werden eine haben», sagte Van der Bellen. Das Problem sei, dass es keine eindeutig dominante Kraft im Parlament gebe.
Zudem gebe es immer weniger Bereitschaft, Kompromisse zu erzielen. Es gebe die Meinung, Kompromisse seien für Verlierer. Zudem polarisiere sich die politische Landschaft zunehmend und ein Verhandlungsprozess sei kein Wettkampf mit Gewinnern und Verlierern. «Ich lege allen Parteien an Herz, sich auf das Staatsganze zu konzentrieren», betonte der Bundespräsident.
Tiefe Gräben bei Aussen- und Sicherheitspolitik
FPÖ und ÖVP haben seit einem Monat über die Bildung einer Regierung verhandelt. Die Gespräche waren von Anfang an von grossen Unterschieden in Fragen der Aussen- und Sicherheitspolitik geprägt. So war die FPÖ gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine. Zudem ist die FPÖ extrem EU-kritisch, die ÖVP dagegen tief überzeugt von der Europäischen Union. Bis zuletzt hatten beide Parteien auch über die Verteilung der Ministerien gestritten, weil beide Seiten jeweils das Innen- und das Finanzministerium übernehmen wollten.
Insgesamt war in den vierwöchigen Verhandlungen vor allem klar geworden, dass beide Parteien eine sehr unterschiedliche Weltsicht haben. Während die ÖVP auf eine enge internationale Einbindung des Landes setzt, hatte die FPÖ immer wieder die «Festung Österreich» propagiert. ÖVP-Chef Christian Stocker hatte die FPÖ aufgefordert, angesichts der neuen Verantwortung nun von weit rechts in die politische Mitte zu rücken.