- Die derzeitige Regierungskoalition Israels konnte sich auf kein Budget für das Jahr 2021 einigen. Deshalb wird das Parlament aufgelöst.
- Im März soll es zu Neuwahlen kommen – zu den vierten in zwei Jahren.
Erst im letzten Mai hatte in Israel ein Bündnis von Regierungschef Benjamin Netanjahu, dem Vorsteher der rechtskonservativen Likud-Partei, und Verteidigungsminister Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiss die Arbeit aufgenommen. Von Anfang an gab es Spannungen zwischen den beiden.
Nachdem in der Nacht keine Einigung auf ein Budget für das nächste Jahr erzielt wurde, wird das Parlament nun automatisch aufgelöst und neu gewählt. So will es das israelische Gesetz. Gantz hätte im Herbst 2021 den Regierungschefposten von Netanjahu übernehmen sollen. Es ist also möglich, dass der Budgetstreit vor allem dazu diente, die Ämterrochade zu verhindern.
Netanjahu wird auch gerne der Witwenmacher von Koalitionspartnern genannt.
Dieser Meinung ist auch Inga Rogg, NZZ-Korrespondentin in Jerusalem. «Netanjahu kann nicht wirklich mit jemand anderem zusammen regieren. Er wird deshalb auch gerne der Witwenmacher von Koalitionspartnern genannt.» Das sei das Eine. «Das Andere ist der Korruptionsprozess gegen ihn, der im Februar in die heisse Phase geht.» Er versuche mit allen Mitteln, den Prozess ganz auszuhebeln oder zumindest auf die Justiz Einfluss zu nehmen.
Zu einem Bruch der Koalition wäre es aber so oder so früher oder später gekommen, glaubt sie. Denn: «Hier haben sich zwei sehr ungleiche Partner zusammen getan.» Netanjahu ist schon seit elf Jahren Ministerpräsident – «und Gantz ist ein politischer Neuling, der zwar die Armee geführt hat, aber im politischen Alltag geht es jedoch anders zu und her als in einer Armee».
Ende März soll nun erneut gewählt werden, zum vierten Mal in zwei Jahren. Die letzten Wahlen ergaben jeweils Pattsituationen, also keine klaren Mehrheiten. Ob Gantz erneut antreten wird, sei im Moment fraglich, sagt Rogg. «Seine Umfragewerte liegen derzeit bei einer Handvoll Sitzen.» Möglicherweise schaffe er die Hürde von 3.25 Prozent der Stimmen nicht.
Damit wäre Israels politische Mitte verwaist. «Trotzdem wird sich an dieser ganzen Polarisierung, die sich in Wahlen ausdrückt, nichts ändern», ist die Korrespondentin überzeugt. «Beim Wahlkampf – dem vierten in zwei Jahren – wird es vor allen Dingen darum gehen: Netanjahu oder nicht Netanjahu.»
Wahlkampf mitten in der Coronakrise
Netanjahu habe eine feste Basis. Seine Anhängerschaft verehre ihn fast schon wie einen Heiligen, als «der Retter der Nation». Als solcher stelle er sich auch dar. Die Frage werde aber die Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler sein.
«Der Wahlkampf findet ja mitten in der Gesundheitskrise statt und Israel steuert auf die dritte Welle zu.» Die grosse Impfkampagne laufe zwar an, so Rogg. «Aber das wird das Grundproblem nicht beheben.» Viele Wähler könnten den Urnen aus Enttäuschung oder aus Wut fern bleiben.