Frankreichs Bürgerinnen und Bürger sind mit ihrer nationalen Regierung chronisch unzufrieden. Volksabstimmungen und regionale Wahlen sind darum auch immer ein Instrument, um die Regierung abzustrafen.
Bei Regionalwahlen verliert in der Regel die Partei des Präsidenten. Bei diesem ersten Wahlgang gab es eine neue Spielart des Protests. Es verliert nicht nur die Regierungspartei «La République en Marche» von Präsident Emmanuel Macron, sondern auch die lautstärkste Oppositionspartei, das «Rassemblement National» von Marine Le Pen.
Macrons Partei ist in drei Regionen bereits nach der ersten Runde ausgeschieden. Sie bekommt den Boden in der Provinz nicht auf die Füsse, bleibt politisch ein Hors-Sol-Gewächs. Das «Rassemblement National» im Gegenzug konnte von der üblichen Unzufriedenheit mit der Regierung nicht profitieren. Im Gegenteil, die Partei verlor einen Drittel ihres Stimmenanteils, ähnliche viel, wie sie vor sechs Jahren gewonnen hatte.
Besser kommen im Gegenzug die traditionellen Parteien weg, die Linken und «Les Républicains», die bei den Präsidentenwahlen 2017 untergingen und auf nationaler Ebene wenig zu melden haben. Aber sie sind lokal weiterhin gut verankert und werden weniger mit Paris identifiziert.
Kein Testlauf für Präsidentenwahl 2022
Ein zweites Protestsignal ist die tiefe Stimmbeteiligung. Zwei von drei Stimmberechtigten gingen nicht zur Wahl. Ist dies Ausdruck grundsätzlicher Frustration und Ärger über den Politikbetrieb, von Desillusionierung – oder auch eine Folge der Angst vor der Pandemie, wie dies die Regierung glauben machen will? Eindeutig lesbar ist die tiefe Stimmbeteiligung nicht.
Erste Antworten wird es bereits am kommenden Sonntag geben. Die Stimmbeteiligung war bisher in zweiten Wahlgängen meist höher als in der ersten Runde – und auch der Protestcharakter weniger stark ausgeprägt.
Wenn dies so bleibt, dann dürfen die bisherigen Regionalpräsidentinnen und -präsidenten auf eine weitere Amtszeit hoffen. Die tiefe Wahlbeteiligung birgt aber auch das Risiko, dass der zweite Wahlgang schwer berechenbar wird und es in der zweiten Runde doch noch zu deutlichen Verschiebungen kommt.
Vor allem aber lässt die tiefe Stimmbeteiligung kaum mehr Rückschlüsse auf das Stimmenpotential der einzelnen Parteien zu. Als Testlauf für die Präsidentenwahl in einem Jahr können die Regionalwahlen 2021 darum nicht dienen.