In Oberösterreich fanden am Sonntag Landtagswahlen statt. Das Resultat sorgt für Gesprächsstoff, denn impfskeptische Kräfte sind dort mit einer eigenen Liste angetreten, der Liste «Menschen-Freiheit-Grundrechte» (MFG). Diese hat auf Anhieb den Sprung ins Landesparlament geschafft – mit rund sieben Prozent der Stimmen. Laut SRF-Korrespondent Peter Balzli ist das ein Achtungserfolg. Doch ob eine Ein-Themen-Partei wie die MFG langfristig überlebt, sei fraglich.
SRF News: Wie überraschend ist der Einzug einer impfskeptischen Partei ins Landesparlament von Oberösterreich?
Peter Balzli: Hätten Sie mich im Frühling gefragt, hätte ich gesagt: extrem überraschend. Die Partei wurde ja erst im Februar gegründet. Aber jetzt ist es nicht mehr überraschend, denn in den letzten Umfragen hatte die Partei schon um die vier Prozent erreicht. Und genau so viel braucht es, um ins Parlament dieses Bundeslandes einzuziehen. Aber dass die MFG-Liste gleich sieben Prozent holt – also fast doppelt so viel wie in den Umfragen erwartet – das ist sicher eine Überraschung.
Warum gerade im Bundesland Oberösterreich? Ist man dort besonders Corona-Massnahmen-skeptisch?
Ja, die Statistik zeigt: Grosse Teile Oberösterreichs gelten als impfskeptische Zonen. Der Anteil Geimpfter ist dort niedriger als im österreichischen Schnitt. Darüber, warum das so ist, kann man nur spekulieren. Der Bezirk Braunau zum Beispiel musste zeitweise abgeriegelt werden wegen erhöhter Coronazahlen. Das hat die dortigen Massnahmen-Gegnerinnen und -Gegner natürlich erst recht mobilisiert.
Die Frage ist, wie lange sich so eine Partei halten kann.
Dazu kommt: Die MFG hat einen intensiven Wahlkampf geführt. Die Partei hatte offenbar viel Geld zusammengetragen. Einerseits mit sehr vielen Plakaten, andererseits mit einem sehr klugen Wahlkampf in den Wirtshäusern. Diese Art von Wahlkampf war offenbar sehr erfolgreich.
Wie sieht es in anderen österreichischen Bundesländern aus? Könnte es sein, dass diese neue Partei auch dort ins Parlament einzieht?
Ja, das halte ich für wahrscheinlich. Dafür spricht, dass es diese Corona-Skeptiker und Massnahmen-Gegner fast überall gibt. Allerdings braucht es dazu Landtagswahlen, und die gab es an diesem Wochenende nur in Oberösterreich. Die Frage ist, wie lange sich so eine Partei halten kann. Denn ihr Problem ist, dass die Pandemie derzeit auf dem Rückzug ist.
Wenn es gelänge, die Pandemie in den Griff zu kriegen, wäre das vielleicht der Todesstoss für diese Partei.
Das kann sich zwar im Winter wieder rasch ändern. Aber wie man weiss, halten sich Ein-Themen-Parteien meist nicht so lange. Man denke etwa an die einstige Auto-Partei in der Schweiz, die nach ein paar Jahren sang- und klanglos verschwunden ist. Wenn es gelänge, die Pandemie in den Griff zu kriegen, wäre das vielleicht der Todesstoss für diese Partei.
Geht es beim Parteiprogramm der MFG nur um Corona-Massnahmen?
Es gibt eine ganze Palette von Forderungen, etwa die Stärkung der Oppositionsrechte und mehr Bürgerbeteiligung oder die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Diese Leute wollen mehr Einblick in die Tätigkeit der Politiker und der Verwaltung, bis hin zur Ermöglichung von Misstrauensanträgen der Bevölkerung gegen Regierung und Bundespräsident. Also mehr Macht fürs Volk. Und man ist für eine striktere Trennung von Kirche und Staat, will Experten statt Berufspolitiker am Ruder sehen. Aber sichtbar in Erscheinung getreten ist die Skeptiker-Partei MFG bisher fast nur mit dem Corona-Thema.
Das Gespräch führte Nina Gygax.