- Es ist ein Denkzettel für den Kreml: bei der Wahl ins Moskauer Stadtparlament haben Kandidaten der Opposition fast die Hälfte der Mandate gewonnen.
- Dabei waren die stärksten Kreml-kritischen Kandidaten gar nicht zum Urnengang zugelassen worden.
- Bei den Gouverneurs-Wahlen im Rest des Landes konnte sich der Machtapparat indes überall behaupten.
Bei der Lokalwahl vom Sonntag hat die Kreml-Partei «Einiges Russland» viele Sitze verloren. Trotz dem Ausschluss Dutzender Oppositionskandidaten holte die regierende Partei Geeintes Russland im umkämpften Moskauer Stadtrat nur 25 der 45 Sitze.
Das meldete die Agentur Interfax. In Moskau hatten als Kandidaten nicht zugelassene prominente Oppositionelle zu einer «smarten Abstimmung» aufgerufen. Die Bürger sollten alles wählen - nur nicht die Kandidaten der Kremlpartei.
Zwei Kandidaten der Kremlpartei verloren ihre Mandate. Von der gemässigten Oppositionspartei Jabloko siegten drei Kandidaten. Unter ihnen war der prominente Politiker Sergej Mitrochin, der sich vor Gericht eine Zulassung erstritten hatte.
Besonders gutes Ergebnis für Kommunisten
Laut vorläufigen Ergebnissen erringt die Opposition knapp die Hälfte der Sitze im Stadtparlament.
Besonders gut abgeschnitten haben die Kommunisten: sie stellen voraussichtlich 12 der 45 Abgeordneten. Die liberale Jabloko-Partei erringt ebenfalls einige Sitze. Dazu kommen mehrere parteilose Kandidaten, die als regierungskritisch gelten.
Über 2000 Personen bei Demos festgenommen
Die Wahl hatte im Vorfeld für Schlagzeilen gesorgt, weil viele oppositionelle Kandidaten nicht zugelassen wurden. Bei anschliessenden Demonstrationen wurden über 2000 Personen vorübergehend festgenommen. Mehrere Aktivisten sitzen bis heute in Haft.
Das harte Vorgehen hat die Opposition zusammengeschweisst – viele Liberale etwa wählten Kommunisten, weil ihre eigenen Kandidaten an der Wahl nicht teilnehmen dürfen.
Kreml entgleitet die Kontrolle in der Hauptstadt
Das Wahlresultat macht deutlich, dass der Kreml die politischen Prozesse in der Hauptstadt nicht mehr vollständig kontrolliert – und dass sich viele Moskauerinnen und Moskauer mehr politische Vielfalt wünschten.
An den wahren Machtverhältnissen ändert sich jedoch vorerst nicht viel: das Stadtparlament hat in Moskau relativ wenig Befugnisse – und Bürgermeister Sergej Sobjanin ist ein treuer Verbündeter von Präsident Wladimir Putin.
In den Provinzen siegten Putin-Kandidaten
Kommt hinzu, dass die oppositionelle Stimmung vorerst vor allem ein Phänomen der Hauptstadt ist. Bei Gouverneurswahlen in zahlreichen anderen Provinzen haben sich die Kandidaten der Kreml-Partei «Einiges Russland» durchgesetzt.
Einzig in der Region Chabarowsk an der Pazifikküste kam die Partei nur auf 12,51 Prozent der Stimmen - nach der ultranationalistischen Liberaldemokratischen Partei Russlands und den Kommunisten.
Wichtiger Stimmungstest
Die Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene galten als wichtiger Probelauf für Kremlchef Wladimir Putin und die Regierungspartei. Insgesamt waren 56 Millionen Wähler zur Stimmabgabe aufgerufen - das ist fast die Hälfte aller Wahlberechtigten Russlands. Die Wahlbeteiligung war teils sehr niedrig. In Moskau lag sie bei 21,63 Prozent - etwa so hoch wie 2014.
Wie weit diese Wahlresultate überhaupt den Volkswillen widerspiegeln, ist unklar. Vielerorts waren – ähnlich wie in Moskau – unliebsame Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen worden. Zudem gibt es zahlreiche Berichte von Wahlfälschungen.