Alan Simpson zeigt seine Medaille. Sie liegt im Wohnzimmer auf dem Flügel in seinem Zuhause in Cody in Nord-Wyoming. Es ist nicht irgendeine Medaille, die Presidential Medal of Freedom. Präsident Joe Biden hat sie ihm diesen Sommer im Weissen Haus umgehängt. «Joe hat mich damit fast erwürgt», witzelt Simpson. An der Zeremonie habe Biden gesagt, Simpson ist der «Big Guy», der grosse Kerl, er hat mich nie enttäuscht.
18 Jahre lang sassen Biden und Simpson zusammen im Senat, bis Simpson 1997 ausschied. Jetzt hat Biden ihm die höchste zivile Auszeichnung verliehen, die ein Präsident verleihen kann. Ein Demokrat, der einen Republikaner würdigt. In einer Zeit der extremen politischen Polarisierung ist das eine Szene wie aus einer anderen Zeit. Und Alan Simpson ist ein Republikaner aus einer anderen Zeit.
«Die republikanischen Grundsätze sind einfach: kleiner Staat, tiefe Steuern, eine Regierung, die sich aus unseren Leben heraushält», sagt Simpson. Alan Simpson ist ein «Big Guy», um die zwei Meter gross. Mittlerweile geht er gebeugt an Stöcken, das hagere Gesicht voller Schalk.
«Die Verfassung garantiert allen gleiche Rechte»
Er flucht viel. Vor allem, wenn er darüber redet, was aus der Republikanischen Partei geworden sei. Sie tue exakt, was sie nicht tun sollte, mische sich in die Leben der Menschen ein. «Die Republikaner sollten sich um den eigenen verdammten Kram kümmern, statt sich in das Leben von Frauen, Schwulen und Lesben einzumischen. Sie ignorieren, dass die Verfassung allen gleiche Rechte garantiert.»
Alan Simpson ist für die gleichgeschlechtliche Ehe, für ein Recht auf Abtreibung. Anders als viele Republikaner, die in vielen Bundesstaaten Abtreibungen einschränken oder ganz verbieten. Die Republikanische Partei sei zur Sekte geworden, mit Donald Trump als Guru. 2016 hat Simpson für Trump gestimmt, 2020 nicht mehr: «Er ist vulgär, egoistisch, verrückt. Eine Schande für Amerika.»
Trump ist vulgär, egoistisch, verrückt. Eine Schande für Amerika.
Auch wegen Trump unterstützt Alan Simpson die Tochter eines alten Weggefährten. Liz Cheney, eine Republikanerin, die einzige Vertreterin im Repräsentantenhaus aus dem kleinen Wyoming und die Tochter von Dick Cheney, ehemals Vizepräsident.
«Liz Cheney war tief verletzt, als diese Idioten das Kapitol stürmten und diesen wunderschönen Tempel einreissen wollten. Das war ein schamloser Angriff auf unsere Institutionen. Auf die Demokratie. Liz sagte sich, ich bringe Trump zu Fall, ich will, dass er niemals mehr ins Weisse Haus kommt.»
Ausgestossen von den Republikanern
In ihrer eigenen Partei ist Cheney durch und durch konservativ, eine Ausgestossene. In ihrem Bundesstaat Wyoming hat Trump zweimal 70 Prozent der Stimmen geholt. Und eine Kandidatin, unterstützt von Trump, macht Cheney ihren Sitz im Repräsentantenhaus streitig.
Selbst Alan Simpson gibt zu, Cheneys Chancen stehen schlecht: «Die ganze Welt wird sagen, schaut, Cheney hat mit 15 Prozent Rückstand verloren. Aber das ist scheissegal. Sie wird sich auch ausserhalb des Kongresses sofort wieder in den Kampf werfen. Sie ist wie ein Kojote, der einen wahnsinnigen Wolf jagt. Sie beisst zu und bringt ihn zu Fall.»
Cheney ist wie ein Kojote, der einen wahnsinnigen Wolf jagt. Sie beisst zu und bringt ihn zu Fall.
Er habe ein Bauchgefühl, sagt Simpson zum Schluss. Trump werde nie mehr Präsident, auch wenn er noch einmal antrete. Die Sicherheit, mit der er es sagt, hat wohl auch mit dem Vertrauen in Liz Cheney zu tun. Wie er eine Republikanerin, die nicht mehr so recht in diese Zeit passen will.