Die Bestätigung von Brett Kavanaugh als Richter am US-Supreme-Court ist so gut wie sicher. Doch wem nützt die Schlammschlacht um seine Berufung? Zuerst hiess es: den Demokraten, die Kavanaugh ablehnen. Laut Umfragen erhalten stattdessen die Republikaner kräftig Rückenwind. Ihre Chancen, die Zwischenwahlen in einem Monat zu gewinnen, sind stark gestiegen.
Die Vermutung lag nahe und lautete so: Die Anschuldigungen gegen Richterkandidat Brett Kavanaugh wegen mutmasslicher massiver sexueller Übergriffe dürften liberale Kreise und erst recht Frauen in einem Monat bei den Zwischenwahlen in Scharen an die Urnen treiben. Zumal die Republikaner nicht bereit waren, Kavanaugh durch einen weniger polarisierenden Kandidaten zu ersetzen oder zumindest umfassende Ermittlungen zuzulassen.
Mobilisierungsschub bei Republikanern
Gleich mehrere Meinungsumfragen und Äusserungen von Parteistrategen beider Lager zeigen jedoch: Das Gezerre um Kavanaugh mobilisiert vor allem Republikaner. Am stärksten motiviert, an den Zwischenwahlen im November teilzunehmen, sind jetzt weisse Männer – also genau jenes Wählersegment, in dem Präsident Donald Trump vor zwei Jahren am besten abschnitt.
Grund für die eher unerwartete Entwicklung ist, dass zwar die «MeToo»-Kampagne wegen des Kavanaugh-Konflikts tatsächlich viele Frauen erreichte und bewegte. Dass aber die meisten ohnehin längst willens waren, wählen zu gehen – aus Wut auf Trump. Die sogenannte «Mobilisierungslücke», die vor dem Hickhack um Kavanaugh für deutliche demokratische Wahlgewinne sprach, wurde nun durch den späten Mobilisierungsschub bei den Republikanern praktisch geschlossen.
Trump warnt jetzt die weissen Männer
Sehr schnell merkte das der Präsident, der zurzeit fast täglich auf Wahlkampftour ist: Zunächst äusserte er sich noch zurückhaltend über die Frauen, die Kavanaugh beschuldigen. Seit zwei, drei Tagen aber teilt er rücksichtslos gegen sie aus und verhöhnt sie.
Trump schürt Ressentiments und warnt die weissen Männer, sie kämen in den USA immer erbarmungsloser unter die Räder, wenn sie sich nicht kräftig wehrten. Offenbar findet er für seine Tiraden offene Ohren. Auch sein persönlicher Rückhalt steigt in jüngsten Umfragen wieder - auf beachtliche 40 Prozent.
Aussichten für Demokraten verdüstert
Der Volkstribun Trump weiss, dass die ganze, bittere Konfrontation um die Richterwahl seine Wähler anfeuert. Er wird nicht zögern, die absehbare definitive Wahl Brett Kavanaughs als seinen Sieg über die «MeToo»-Bewegung zu deuten und zu verkaufen.
Die Schlacht um Kavanaugh scheint nun geschlagen. Der politische Krieg in den USA geht aber bereits in die nächste Runde – in die Zwischenwahlen in einem Monat. Noch vor wenigen Tagen standen die Chancen der Demokraten gut, eine oder gar beide Kammern des US-Kongresses zu erobern. Innert kürzester Zeit sanken sie nun erheblich.