- Polen hat in einem Streit mit der EU um die Unabhängigkeit und das Privatleben von Richtern eine endgültige Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten.
- Die polnische Justizreform aus dem Jahr 2019 verstosse gegen EU-Recht, verkündete das Gericht in Luxemburg.
- Polens nationalkonservative Regierung baut Polens Justiz seit Jahren um.
Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass diverse Regelungen des polnischen Justizsystems gegen EU-Recht verstossen. Eine hinreichende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit polnischer Gerichte sei nicht sichergestellt.
Nun hat der Europäische Gerichtshof der Klage der EU-Kommission stattgegeben und im Hauptverfahren geurteilt, dass die polnischen Regelungen gegen EU-Recht verstossen.
Gesetz will Richter disziplinieren
Hintergrund ist eine Klage der EU-Kommission aus dem Jahr 2021, wonach mehrere polnische Regelungen gegen EU-Recht verstossen.
Im aktuellen Streit ging es unter anderem um ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Der EuGH machte nun deutlich: Die polnischen Regeln gewährleisteten keinen Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht. Dazu gehöre nämlich, dass die nationalen Gerichte überprüfen könnten, ob sie selbst oder andere Gerichte den im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen genügen.
Polens nationalkonservative Regierung baut die dortige Justiz seit Jahren ungeachtet internationaler Kritik um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen. Teilweise wurden Beschlüsse vom EuGH gekippt.
Verfahren kommen Warschau teuer zu stehen
Weil Warschau sich weigerte, frühere EuGH-Urteile umzusetzen, verhängte der Gerichtshof innerhalb des nun entschiedenen Verfahrens schliesslich eine Million Euro Zwangsgeld pro Tag. Die Strafe wurde im Frühjahr halbiert, weil die Regierung inzwischen einige Änderungen am Justizsystem vorgenommen hat.
Aus Sicht der EU reicht das allerdings nicht aus. Weitere Verfahren sind schon abzusehen: Im Februar verklagte die EU-Kommission Polen erneut wegen Verstössen gegen EU-Recht durch den polnischen Verfassungsgerichtshof. Für Warschau sind die Verfahren heikel, denn es geht inzwischen auch um viel Geld: Die EU-Kommission hält mehrere Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Polen zurück, weil sie Zweifel am dortigen Justizsystem hat.