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Römisch-katholische Kirche Und sie bewegt sich doch: Die Kirche will demokratischer werden

Die Weltsynode bringt auf den ersten Blick keine konkreten Reformen. Auf den zweiten Blick zeichnet sich aber eine kirchenhistorische Wende ab.

Im Vatikan ist die fast vierwöchige Weltsynode der römisch-katholischen Kirche zu Ende gegangen. Die erste Überraschung: Papst Franziskus lässt das Schlussdokument der Weltsynode in Rom sofort veröffentlichen. Üblicherweise kommentiert der Papst die Dokumente von Bischofssynoden nach deren Abschluss. Die Reformideen für die Umgestaltung der Kirche sollen jetzt aber sofort unters Kirchenvolk.

Die Weltsynode hat mit 368 Stimmberechtigten einen Monat lang in Rom getagt. Teilgenommen haben wie üblich die Bischöfe und erstmals auch Ordensfrauen und nicht geweihte Männer und Frauen.

Weihe für Frauen bleibt offen

Heftig gestritten wurde vor und hinter den Kulissen über die Rolle der Frauen in der Kirche. Resultat: Leitende Positionen für Frauen ja, Weihe von Frauen vorerst nein.

Grösster Streitpunkt war die Weihe von Frauen zu Diakoninnen. Im Schlussdokument heisst es: «Die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonenamt bleibt offen.» Über jeden Abschnitt im Schlussdokument wurde einzeln abgestimmt, dieser Passus hatte am meisten ablehnende Stimmen, wurde jedoch angenommen.

Kirchliche Versammlung mit Papst und Bischöfen.
Legende: Der Papst, hier bei der Messe zum Abschluss der Weltsynode, hat das Schlussdokument sofort veröffentlichen lassen. imago images/ABACAPRESS

Helena Jeppesen-Spuhler, Claire Jonard und Bischof Felix Gmür waren aus der Schweiz an der Synode vertreten. Sie seien mit dem Inhalt des Schlussdokuments sehr zufrieden. Bischof Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, schreibt in einer Medienmitteilung: «Die Türen für das Diakonat der Frau bleiben offen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung. Schritt für Schritt werden wir mit Geduld und Beharrlichkeit unser Engagement fortsetzen.»

Mehr Macht für Kirche in den Regionen

Aufhorchen lassen weitere Passagen des Schlussdokuments: Die «lehrmässige Kompetenz von Bischofskonferenzen» soll präzisiert werden, ohne die Einheit der Kirche aufs Spiel zu setzen. Im Klartext: Mehr Macht für die Kirche in den Regionen. Je nach kulturellem Kontext darf Kirche anders sein und kann sich anders organisieren. Das schafft Spielräume, auch für die Kirche in der Schweiz.

Ein weiterer Punkt mit Zündstoff:  Bei der Wahl von Bischöfen sollen Laien stärker mitreden. Dies ist heute in wenigen Bistümern der Fall, beispielsweise in der Schweiz. Hier haben sich Bistümer mit Konkordaten eine gewisse Mitsprache erstritten. Normalerweise ernennt der Papst die Bischöfe.

Historische Zeitenwende

Historisch gesehen zeichnet sich in der römisch-katholischen Kirche eine Zeitenwende ab. Im 19. Jahrhundert standen mit dem Unfehlbarkeitsdogma die Päpste im Zentrum. Und bis heute schauen Bischöfe und Gläubige bei Entscheidungen nach Rom. Das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er-Jahren hingegen betonte die Rolle der Bischöfe und der Gläubigen, des «Volkes Gottes». Der synodale Prozess der letzten drei Jahre führt den durch konservative Päpste ausgebremsten Reformprozess jetzt weiter.

Papst Franziskus spricht schon länger von einer «gesunden Dezentralisierung». Er spielt die Bälle konsequent aus dem Zentrum Vatikan in die Regionen. Bleibt die Frage: Wie werden seine Bälle dort weitergespielt?

SRF 4 News, 27.10.2024, 12:30 Uhr

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