- Im Vatikan sind Kardinal Giovanni Angelo Becciu die Kardinalsrechte aberkannt worden.
- Warum, gab der Vatikan in einer knapp gehaltenen Mitteilung nicht bekannt.
- Laut Medienberichten war Becciu in einen Finanzskandal des Vatikans verwickelt. Dabei ging es um eine Immobilien-Investition in London.
- Becciu war Präfekt jener Kongregation, die entscheidet, wer in der römisch-katholischen Kirche heiliggesprochen wird.
Es handelt sich um einen aussergewöhnlichen Schritt des Vatikans – in der Regel ist eine Entlassung oder zumindest eine Aberkennung der Rechte aus dem Kardinalsstand innerkirchlich nicht vorgesehen. Zu seinem Rückzug befragt, sagte der ehemalige Kirchendiplomat der italienischen Nachrichtenagentur Adnkronos nur: «Ich ziehe es vor, zu schweigen.»
Hat Becciu Gelder des Vatikans veruntreut?
Die Mitteilung des Vatikans gibt zu den Gründen keine Anhaltspunkte. Wie SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel sagt, spekulieren die italienischen Medien dafür umso mehr. Becciu soll in seiner früheren Tätigkeit als die Nummer 2 im vatikanischen Staatssekretariat mit Geldern spekuliert haben. Die Rede ist in den Medien immer wieder von einer Luxusimmobilie in London und Ölgeschäften.
Weiter soll Becciu auch die Geschäfte von Familienmitgliedern auf Sardinien finanziell unterstützt haben. Dabei sollen Spendengelder an den Vatikan zum Einsatz gekommen sein. Diese Vorwürfe in den italienischen Medien werden zurzeit jedoch weder vom Vatikan noch Becciu selber bestätigt.
Ermittlungen des Vatikans
In einer früheren Tätigkeit im Staatssekretariat, der zentralen Bürokratie des Vatikans, beaufsichtigte Becciu das umstrittene Immobiliengeschäft. Die Staatsanwälte des Vatikans untersuchen es seit einiger Zeit. Im Juni nahmen Ermittler Gianluigi Torzi, einen in London ansässigen italienischen Finanzier, fest.
Er hatte den Berichten zufolge als Mittelsmann fungiert, als der Vatikan versuchte, die volle Kontrolle über das Objekt zu erlangen. Torzi, der jegliches Fehlverhalten bestreitet, wurde der Erpressung, Veruntreuung, des schweren Betrugs und der Geldwäsche beschuldigt. Nach einigen Tagen kam er gegen Kaution frei.
«Es ist eine ausserordentliche Bestrafung»
Angelo Becciu bleibt nun offenbar zwar Kardinal – verliert jedoch die Kardinalsrechte. Laut Franco Battel bedeutet dies beispielsweise, dass er in einer allfälligen Konklave kein Stimmrecht hätte, also den nächsten Papst nicht mitbestimmen könnte. Das sei nicht nur ungewöhnlich, so Franco Battel: «Es ist eine ausserordentliche Bestrafung, die auf schwere Vergehen schliessen lässt.»
Becciu war von Papst Franziskus zum Kardinal berufen worden. Als die Vorwürfe auftauchten, hielt Franziskus zunächst seine schützende Hand über den Kardinal. Laut Franco SRF-Korrespondent Franco Battel ist es nicht das erste Mal, dass Papst Franziskus keine glückliche Hand bei der Ernennung eines Kardinals bewies. Beim ebenfalls von ihm ernannten Australier George Pell waren Missbrauchsvorwürfe aufgetaucht.