- Ungarn muss trotz der jüngst ergriffenen Massnahmen gegen Korruption die Aussetzung von EU-Zahlungen in Milliardenhöhe befürchten.
- Die EU-Kommission empfiehlt, das Geld erst freizugeben, wenn die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban Versprechen zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit komplett umgesetzt hat.
- Es geht um rund 7.5 Milliarden Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt und 5.8 Milliarden Euro an Corona-Hilfen.
Konkret heisst das: Werden die Reformen in Ungarn nicht umgesetzt, wird die nächste Zahlung der EU blockiert – und alle folgenden auch. Kurz: Es fliesst kein Geld, bis die wichtigen Reformen umgesetzt sind. Ob die EU das Geld aber tatsächlich einfriert, entscheidet sich erst im Dezember.
Die Empfehlung der EU-Kommission zum Einfrieren der Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt könnte in den nächsten Wochen von einem EU-Ministerrat angenommen werden. Notwendig wäre dabei allerdings eine qualifizierte Mehrheit – das heisst, mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssten zustimmen und zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Bei den Corona-Hilfen schlägt die EU-Kommission vor, zwar den ungarischen Plan zur Verwendung der Gelder formell zu bestätigen. Auszahlungen soll es allerdings nur dann geben, wenn das Land einen Katalog mit Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehören auch die, die im Rechtsstaatlichkeitsverfahren formuliert wurden.
Die Reformen werden den Zugang zu einer unabhängigen Justiz in Ungarn verbessern.
Didier Reynders, Kommissar für Justiz und Rechtsstaatlichkeit der Europäischen Kommission, betonte: «Die Reformen werden den Zugang zu einer unabhängigen Justiz in Ungarn verbessern, die Justiz wird vor politischen Störungen besser geschützt. Das ist eine grundsätzliche demokratische Frage und wie Sie wissen, sind unsere Sorgen um die Justiz in Ungarn nicht neu.»
Ähnliches Vorgehen wie bei Polen
Der Rechtsstaatsmechanismus in der EU soll sicherstellen, dass alle Mitgliedsländer Korruption bekämpfen und Bürgerrechte schützen. Wenn sie es nicht tun, können Gelder gestrichen werden – was die EU-Kommission im Fall von Ungarn nun machen will.
Ähnlich ist die Kommission im Fall von Polen vorgegangen, deren Plan bereits Mitte des Jahres angenommen wurde. Mit Spannung werden die weiteren Entwicklungen vor allem deswegen erwartet, weil Ungarn erhebliche Mittel in der Hand hält, um Druck auf die EU auszuüben. So könnte die Regierung in Budapest beispielsweise alle Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Das gilt zum Beispiel für Sanktionen gegen Russland oder Beschlüsse zur Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen das Nachbarland.