- Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny hat auf Instagram mitgeteilt, dass er in den Hungerstreik getreten ist.
- Er will sich damit gegen die ausbleibende medizinische Versorgung in der Strafkolonie wehren, wo er inhaftiert ist.
- Bereits vor einer Woche hatten Nawalnys Anwälte seinen Gesundheitszustand als «nicht gut» bezeichnet.
- Der Kreml reagiert sehr wortkarg und sieht keinen Handlungsbedarf.
«Ich trete in den Hungerstreik mit der Forderung, dass die Gesetze eingehalten werden und man den externen Arzt zu mir kommen lässt», schreibt Nawalny auf Instagram. «Ich habe das Recht, einen Arzt in die Strafkolonie zu rufen und Medikamente zu erhalten. Weder das eine, noch das andere gibt man mir. Zusammen mit der ausbleibenden medizinischen Versorgung foltert man mich mit Schlafentzug», schrieb er weiter.
Nawalny ist derzeit in einer besonders strengen Strafkolonie in Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau inhaftiert. Er leidet nach eigener Darstellung an schweren Rückenschmerzen, die in sein rechtes Bein ausstrahlen und dort zu Lähmungserscheinungen führen. Ärzte und seine Anwälte befürchten, dass er das Bein verlieren könnte.
Der Kreml sieht vorerst keinen Grund zum Handeln. «Das ist keine Angelegenheit auf der Tagesordnung des Staatsoberhauptes», sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Agentur Interfax.
Die russische Gefängnis-Verwaltung wies Nawalnys Vorwürfe zurück. Er
erhalte die notwendige medizinische Versorgung und ihm werde auch ausreichender Schlaf gewährt. Allerdings müsse der Gefangene vom Personal regelmässig überwacht werden. «Dies steht aber nicht im Widerspruch zu den Rechten des Verurteilten.»
Der Arzt Alexej Barinow hat Reuters gesagt, Nawalnys Anwälte hätten ihn gebeten, den Gefangenen zu behandeln. Er habe von der Gefängnisverwaltung aber noch keine Antwort auf seine Anfrage erhalten.
Die Menschenrechtlerin Olga Romanowa von der Gefangenen-Hilfsorganisation Russland hinter Gittern (Rus Sidjaschtschaja) erklärte, der prominente Gegner von Präsident Wladimir Putin kämpfe nicht nur für seine Rechte. «Er kämpft um sein Leben.»
Kritik an Haftbedingungen
Laut SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky steht Russland seit Jahren wegen unzureichender medizinischer Versorgung in seinen Haftanstalten in der Kritik. Mehrfach habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) auch Schuldsprüche gegen den Kreml verhängt, schreibt sie auf Twitter.
Nawalnys Anwälte hatten bereits nach einem Besuch in der Strafkolonie Mitte März den Zustand Nawalnys als «besorgniserregend» bezeichnet. Der 44-Jährige habe starke Rückenschmerzen, sagte damals die Anwältin Olga Michailowa vor dem Straflager in Pokrow.
Russlands bekanntester Oppositionspolitiker war nach einem Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok im vergangenen August in Deutschland behandelt worden. Bei seiner Rückkehr nach Russland im Januar wurde Nawalny am Flughafen Moskau Scheremetjewo festgenommen. Kurz darauf verurteilte ihn ein Gericht in Moskau zu zweieinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie.
Die EU und die USA kritisieren das Vorgehen als politisch motiviert. Sie fordern Nawalnys Freilassung und haben gegen Russland unter anderem wegen des Attentats auf den Politiker Sanktionen verhängt.