- Der Kremlgegner Alexej Nawalny muss mehrere Jahre in ein Straflager.
- Ein russisches Gericht in Moskau wies in einem Berufungsverfahren eine Beschwerde des Oppositionellen gegen ein Anfang Februar verhängtes Urteil zurück, wie der Richter sagte.
- Am Nachmittag wurde ihm noch eine Busse von etwas mehr als 10'000 Franken aufgeladen.
Das Urteil von dreieinhalb Jahren Straflager bleibt damit bestehen. Die tatsächliche Haftzeit dürfte aber kürzer ausfallen, weil Nawalnys Anwälte davon ausgehen, dass ihm ein mehrmonatiger Hausarrest und frühere Haftzeiten angerechnet werden. Sein Team hatte den Prozess als politisch motiviert kritisiert.
Richter: Gegen Bewährungsauflagen verstossen
Die Richter warfen dem 44-Jährigen vor, gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstossen zu haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Nawalny bezeichnete den Vorwurf, er habe sich vor der Justiz verstecken wollen, vor Gericht einmal mehr als «absurd». Er sei Ende Januar freiwillig nach Russland zurückgekehrt. «Die ganze Welt wusste, wo ich mich aufhalte.» Auch international hatte das Urteil für heftige Kritik gesorgt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte Russland erst am Mittwoch auf, Nawalny unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Das Urteil in diesem früheren Verfahren hatte das Menschenrechtsgericht 2017 als offenkundig unangemessen bezeichnet. Moskau wies die Forderung als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück.
Schon nächste Woche im Straflager?
Der Oppositionsführer könnte schon in der kommenden Woche in ein Straflager überstellt werden, meldete die Staatsagentur Ria Nowosti. Ein genauer Tag wurde zunächst nicht genannt.
Indes will die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine Petition zur Freilassung Nawalnys an den Kreml überreichen. Dazu seien in mehreren Ländern der Welt fast 200'000 Unterschriften gesammelt worden, hiess es. Nawalny werde wegen friedlicher politischer Aktivitäten im Kampf gegen Korruption verfolgt und weil er sein Recht auf freie Meinungsäusserung durchsetze.
Weitere Verurteilung am Abend
Für Samstagnachmittag war ein weiterer Prozess gegen Nawalny angesetzt – er musste sich damit an einem einzigen Tag zweimal vor Gericht verantworten. Im zweiten Verfahren wurde ihm vorgeworfen, einen 94 Jahre alten Veteranen des Zweiten Weltkrieges beleidigt zu haben. Nawalny hatte im vergangenen Jahre Protagonisten eines Propagandavideos zur umstrittenen Verfassungsänderung als «Verräter» bezeichnet. Darin war auch der Veteran aufgetreten.
Das Gericht verhängte eine Geldstrafe von 850'000 Rubel (rund 10'000 Franken) gegen den Oppositionspolitiker.