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Russlands Propaganda Moskau setzt auf Desinformation in West- und Südosteuropa

Russlands Propaganda hat viele Gesichter – und sie wirkt. Besonders in Europa und auf dem Balkan verbreiten prorussische Netzwerke gezielt Desinformation, um Misstrauen zu säen und politische Spannungen zu verstärken. Doch wie genau funktioniert diese Einflussnahme?

Was sind die Ziele der russischen Propaganda? Während in Russland selbst Präsident Wladimir Putin verherrlicht und jegliche Opposition diskreditiert wird, verfolgt die russische Propaganda im Ausland andere Strategien. «Das Hauptziel: Russische Narrative weltweit verbreiten und gleichzeitig Unsicherheit sowie Misstrauen in westlichen Gesellschaften schüren», erklärt Thomas Brey, Südosteuropa-Experte und langjähriger Journalist. Besonders betroffen sind Westeuropa und der Balkan. Russland nutzt gezielt Desinformation, um Spannungen zu verstärken und Bevölkerungsteile gegeneinander auszuspielen. Die Botschaft richtet sich oft gegen westliche Regierungen und ihre Werte.

Das Modell einer russischen Langstreckenrakete auf einem Auto.
Legende: Russische Propaganda für Russen und Russinnen: Eine russische Langstreckenrakete auf einem Fahrzeug in St. Petersburg. Auf dem Auto sind Propagandasprüche zu lesen: «Wiederaufnahme eines Flugauftrags mit dem Ziel Washington», «Botschafter des guten Willens von RVSN (Russische Strategische Raketentruppen)», «Sarmatmobile». Reuters/Anton Vaganov

Wer hilft Russland bei der Verbreitung? Russland stützt sich in Europa auf Politiker, die eine prorussische Haltung vertreten. Dazu gehören unter anderem der ungarische Premierminister Viktor Orban, der serbische Präsident Aleksandar Vucic und der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Besonders brisant: In Österreich könnte die russlandfreundliche FPÖ bald den Bundeskanzler stellen. Auch in Tschechien stehen mit der Kandidatur von Andrej Babis prorussische Kräfte vor einem möglichen Wahlsieg. Besonders anfällig für diese Propaganda sind Länder in Südosteuropa. «Trotz wirtschaftlicher Abhängigkeit von der EU und den USA zeigt sich dort in Umfragen oft eine überraschende Russland- und China-Freundlichkeit», sagt Brey

Thomas Brey

Südosteuropa-Experte und Journalist

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Dr. Thomas Brey (geb. 1953) ist Experte für Südosteuropa und langjähriger Journalist. Er studierte Osteuropäische Geschichte und Kommunikationswissenschaften in Bochum, Mainz und Münster und promovierte 1979 an der Universität Bochum mit einer Arbeit über den jugoslawischen Selbstverwaltungssozialismus.

Ab 1980 arbeitete er als Redakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Essen und Hamburg, bevor er 1983 als Korrespondent nach Belgrad ging. Später leitete er die dpa-Büros in Wien und Belgrad und übernahm 2012 die regionale Koordination für Südosteuropa. Ende 2018 ging er in den Ruhestand.

Was sind die zentralen Themen russischer Propaganda? Russische Desinformation setze auf einfache, emotional aufgeladene Narrative, erklärt Brey. Ein zentrales Thema: Der «libertäre Westen» bedrohe traditionelle Werte wie Familie, Religion oder Sprache. «Solche Botschaften treffen insbesondere in konservativen Milieus auf offene Ohren», so Brey. Verbreitet wird die Propaganda vor allem über soziale Medien. Plattformen wie Tiktok spielen eine Schlüsselrolle, indem sie prorussische Inhalte gezielt verstärken. In manchen Fällen zeigt sich der direkte Einfluss Russlands deutlich: In Rumänien wurde beispielsweise die erste Runde der Präsidentschaftswahl annulliert, weil ein bis dahin unbekannter Kandidat durch massive russische Unterstützung auf Social Media überraschend gewann. «Auch regierungstreue, oft zensierte Medien vor Ort tragen die russischen Narrative weiter», sagt Brey. «Zudem greifen lokale Spitzenpolitiker die Desinformation auf und verbreiten sie in der Öffentlichkeit.»

Welche Gegenstrategien kann die EU ergreifen? Um der russischen Propaganda entgegenzuwirken, muss die EU laut Experten deutlich aktiver werden. Eine zentrale Rolle spielt die Medienkompetenz: Schulen sollten Schüler stärker über Desinformation und deren Mechanismen aufklären. Auch eine Reform der Medienlandschaft sowie die Förderung von unabhängigen Journalisten sind essenziell. Zudem müsse die EU klare Bedingungen setzen: Als grösster Investor auf dem Balkan und in Ländern wie Moldau oder Georgien könnte sie finanzielle Hilfen an demokratische Reformen knüpfen. Die Botschaft wäre eindeutig: Wer sich weiter von Russland instrumentalisieren lässt, muss mit Konsequenzen rechnen.

SRF 4 News, 07.02.2025, 06:25 Uhr ; 

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