Sie waren im Naturpark unterwegs, in dem die letzten Giraffenherden Westafrikas vorkommen, eine Autostunde von der nigrischen Hauptstadt Niamey entfernt: Sechs junge französische Entwicklungshelfer der Organisation ACTED, zusammen mit einem lokalen Guide und einem Chauffeur.
Bei Kouré wurden sie von Bewaffneten auf Motorrädern abgefangen und getötet. Der Naturpark galt als ungefährlich, anders als das Dreiländereck zwischen Mali, Niger und Burkina Faso.
In der einstigen Vorzeigedemokratie Mali herrscht seit 2012 politisches Chaos. Nach einem Militärputsch gelang es islamistischen Gruppen, zwei Drittel des Landes zu besetzen. Auf Bitten der malischen Regierung griff Frankreich ein und drängte die Dschihadisten zurück.
Kurz darauf entschieden auch die Vereinten Nationen, die Stabilisierung des Landes zu unterstützen und zu verhindern, dass die Sahelzone ein Rückzugsort des globalen Dschihadismus wird. An der UNO-Mission Minusma sind rund 10'000 Soldaten beteiligt.
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Dazu hat Frankreich mit der Militäroperation «Barkhane» 5000 Mann in den fünf Sahelstaaten Mali, Niger, Mauretanien, Burkina Faso und Tschad stationiert.
Ihr Kampf gegen den transnationalen Terrorismus hat sich in der dünn besiedelten, kargen Landschaft von der Grösse Europas aber inzwischen zu einem mühseligen Kleinkrieg entwickelt. Die kleinen, auf Motorrädern sehr mobilen Dschihadisten-Grüppchen sind nur schwer zu fassen. Sie greifen nicht frontal an, sondern durch Attentate und Hinterhalte.
Die unablässigen Angriffe zermürben die Bevölkerung. Seit 2016 haben sich die Anschläge im Dreiländereck verfünffacht. 2019 gab es über 4000 Opfer. Was zeigt, dass eine militärische Antwort auf islamistische Gewalt allein nicht ausreicht.
Man kann bereits beobachten, wie sich die Bedrohung geografisch ausweitet.
«Es genügt nicht, diese Terrorgruppen einfach zu eliminieren», sagt die Politikwissenschaftlerin Niagalé Bagayoko. Es brauche eine funktionierende Justiz, mehr Rechtsstaatlichkeit.
Schlechte Regierungsführung, Korruption und Vetternwirtschaft begünstigen ein Klima, in dem Terrorismus, Bandenkriminalität und ethnische Gewalt eine Eigendynamik entwickeln. «Man kann bereits beobachten, wie sich die Bedrohung geografisch ausweitet», warnt die Vorsitzende des African Sector Security Networks.
Anti-französische Stimmung
Auch formiert sich zunehmend Widerstand gegen die Präsenz französischer Einheiten in der Sahel-Region. «Frankreich zahlt den Preis seiner kolonialen Vergangenheit», erklärt der Journalist und Subsahara-Experte Paul Deutschmann. «Weshalb Präsident Emanuel Macron versucht, von den G5-Sahelstaaten ein klares Bekenntnis zum Einsatz und die Unterstützung der EU zu erhalten.» Es bestehe das Risiko, dass es Frankreich ergehe wie den USA in Afghanistan.