Worum geht es? Seit Donnerstag stellt Finnland massiv weniger touristische Visa für Russinnen und Russen aus. Es sind nur noch 10 Prozent im Vergleich zu vorher. Die Visa werden nur noch an vier diplomatische Vertretungen Finnlands im Westen Russlands erteilt. Anstatt 1000 Visa für Touristinnen und Touristen werden pro Tag nur noch etwa 100 ausgestellt. Grund ist der russische Angriff auf die Ukraine.
Welche Folgen hat die Beschränkung auf das Leben an der Grenze? Viel weniger Personen dürfen die Grenze überschreiten, es gibt viel weniger Verkehr. Dieser Effekt war pandemiebedingt jedoch schon in den letzten zwei Jahren zu spüren, sagt Bruno Kaufmann, SRF-Nordeuropakorrespondent. Wegen der Pandemie war die Grenze weitgehend geschlossen. «Ich war vor einigen Monaten an einem Grenzposten im Norden Finnlands. Da kamen während einem dreistündigen Aufenthalt gerade mal ein Auto und zwei Lastwagen vorbei. Ich war fast ein wenig in die Zeit des Kalten Kriegs zurückversetzt», sagt Bruno Kaufmann.
Wie steht die finnische Bevölkerung dazu? Die Bevölkerung unterstützt den Beschluss, weil sie auch die Argumentation der Regierung valide findet, sagt Kaufmann. Der finnische Aussenminister Pekka Haavisto hat wiederholt gesagt, dass es hier weniger um ökonomische oder sicherheitspolitische Fragen als um eine moralische Frage gehe. Russland führt einen Angriffskrieg auf ein Nachbarland. Da sei es nicht an der Zeit für Russinnen und Russen, in Finnland zu shoppen oder Ferien zu machen.
Gibt es Widerstand seitens der Tourismusbranche? Ja und nein. Das Geschäft entlang der Grenze wurde über Jahrzehnte aufgebaut. «Diese grossen Shoppingcenter an der Grenze stehen nun leer. Sie waren vor allem für russische Einkaufstouristinnen und -touristen attraktiv», so der Nordeuropakorrespondent. Für gewisse Personen ist die Grenze weiterhin offen: «In den letzten Jahrzehnten sind viele Menschen von beiden Seiten der Grenze zueinander gezogen. Visa für Familien oder Russen, die in Finnland leben, werden weiterhin erteilt. Es gibt tausende von Russinnen mit mehrjährigen Multivisa.»
Wie viele russische Reisende wollen nach Finnland? Diese Zahl ist in den letzten Wochen und Monaten stark angestiegen. Am 1. Juli hatte Finnland die Einreisebeschränkungen wegen der Pandemie aufgehoben. Sehr viele Russinnen und Russen kamen nach Finnland, um einzukaufen. Zudem wurde Helsinki der nächste Flughafen, um in Europa herumreisen zu können. Sehr viele Russen sind über die Grenze gekommen, um weiterzureisen.
Wie reagiert Russland auf diesen Entscheid? Viele Personen, vor allem Reisende, verstehen den Entscheid laut Kaufmann nicht. Sie bedauern ihn. Aus dem russischen Aussenministerium heisst es offiziell, der Entscheid sei unverhältnismässig. Er sei dumm, weil Finnland auf die lukrativen russischen Touristen verzichte. «Man muss damit rechnen, dass Russland Gegenmassnahmen ergreift. Wobei der Tourismusverkehr von Finnland nach Russland auch bereits zum Erliegen gekommen ist.»