Rund anderthalb Millionen Euro Bargeld haben Anti-Korruptions-Ermittler bei EU-Abgeordneten und deren Mitarbeitenden in Brüssel sichergestellt. Mit dem Geld soll der Golfstaat Katar versucht haben, sich politischen Einfluss im EU-Parlament zu erkaufen. In einer dringlich angesetzten Debatte im EU-Parlament am Dienstagabend war der Schock über diesen Bestechungsskandal in jedem Votum zu vernehmen.
Was für eine verdammte Scheisse, die sie hier abgezogen haben.
Die Volksvertreterin Terry Reintke, Fraktionschefin der Grünen, sah sich legitimiert, zur Sprache des Volkes zugreifen, um ihrer Empörung Luft zu machen. Reintke zitierte ihren Vater: «Was für eine verdammte Scheisse, die sie hier abgezogen haben.»
Enttäuschung über Parteikollegen
Andere wählten Worte, die sich mehr an Knigges Vorgaben orientierten. So auch der italienische Sozialdemokrat, Brando Benifei, der sich verraten fühlt von den eigenen Parteigenossen. «Ich bin schockiert und enttäuscht, aber vor allem wütend über die wahrscheinliche Verwicklung von Abgeordneten, ehemaligen Abgeordneten und Assistenten, die seit Jahren als Kollegen in diesen Einrichtungen verkehren, in eine kriminelle Affäre.»
Fünf italienische Politiker sollen neben der nunmehr abgesetzten Vizepräsidentin des EU-Parlamentes aus Griechenland an der dubiosen Lobby-Arbeit für Katar beteiligt sein. Mitten im Haus, das für sich gerne exemplarische Transparenz und Rechtschaffenheit in Anspruch nimmt, beben immer noch die Mauern und Emotionen.
Vereinzelt auch Zweckoptimismus
Manche übten sich auch in Zweckoptimismus, so Sven Simon, Vertreter der Europäischen Volkspartei. Er suchte nach Silberstreifen am Horizont und resümiert: «Unsere Systeme wurden getestet und haben bestanden.» Er danke den Strafbehörden im Rechtsstaat Belgien.
Unsere Systeme wurden getestet und haben bestanden.
Innerhalb der EU kann exklusiv die EU-Kommission gesetzliche Lücken schliessen. Ylva Johannson, Kommissarin für Inneres, kündigte an, ein altes Versprechen aus der Schublade zu ziehen: Eine neue Behörde soll neue Ethik-Standards durchsetzen. Dass ausgerechnet Mitglieder des Parlamentes das nötig machen, kommentierte die Schwedin voller Wut: «Schämt euch.»