- Ein Gericht in Rom bleibt dabei: Italien darf weiterhin keine Migranten nach Albanien abschieben und ihre Asylverfahren von dort aus beschleunigt abwickeln.
- Das Gericht bezog sich in seinem Urteil erneut auf den Europäischen Gerichtshof.
- Dieser hatte die Herkunftsländer der Flüchtlinge oder Migranten, Bangladesch und Ägypten, als nicht durchwegs sicher bezeichnet.
Nun müsse der Europäische Gerichtshof das endgültige Urteil über das Abschiebeverfahren fällen, so das Gericht in Rom. Für die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni heisst dies, dass ihr Versuch, Asylverfahren nach Albanien auszulagern, zumindest vorläufig gescheitert ist.
Das Marineschiff «Libra» hatte am Freitag acht Männer aus Ägypten und Bangladesch von einem Flüchtlingsboot an Bord genommen, das sich aus Afrika auf den Weg nach Europa gemacht hatte. Ursprüngliches Ziel des Boots war die Mittelmeerinsel Lampedusa – einer der Brennpunkte der Fluchtrouten nach Europa. Doch das Marineschiff brachte die Männer stattdessen nach Albanien.
Die Zahl von lediglich acht erklärt sich dadurch, dass die italienischen Beamten genau darauf achteten, dass es sich nur um erwachsene Männer aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten handelte.
Regierung Meloni versuchte den juristischen Trick
Eben daran war ein erster Versuch der Meloni-Regierung im Oktober gescheitert: Insgesamt 16 Männer aus Ägypten und Bangladesch mussten aus Albanien schliesslich doch weiter nach Italien gebracht werden.
Das zuständige Gericht in Rom entschied, dass beide Länder keine sicheren Herkunftsstaaten sind – eine schwere Niederlage für Meloni. Die Regierung legte daraufhin per Dekret eine neue Liste mit 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern fest, darunter wieder Ägypten und Bangladesch. Doch auch dies genügte den Richterinnen und Richtern in Rom nicht.
Gehässige Debatte in Italien
Laut SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel ist klar, dass die Kosten für das Modell Albanien sehr hoch sind, was die linke Opposition immer wieder scharf kritisiere. Dass Richterinnen und Richter die Asylverfahren in Albanien stoppten, hat in Italien zu einer gehässigen Debatte zwischen der rechten Regierung und der Justiz geführt. Diverse Minister, allen voran Vizepremier Matteo Salvini, werfen gewissen Richtern vor, «Kommunisten» zu sein und die Regierung zu torpedieren.
Die angegriffenen Richterinnen und Richter wiederum pochen auf ihre Unabhängigkeit und sprechen von einem unerträglichen Druck, der auf ihnen laste. Eine der beteiligten Richterinnen lebt nach Morddrohungen unter Polizeischutz. Nach dem Urteil von heute ist es laut Franco Battel wahrscheinlich, dass der Konflikt zwischen der Regierung Meloni und der Justiz unvermindert weitergeht oder gar noch grösser wird.