Eine neue Studie zeigt: Stabile Wolkenschichten, die Sonnenlicht reflektieren und damit die Erde kühlen, brechen vermehrt auf. Dies sei eine Folge des Klimawandels, sagt die Wolkenforscherin Ulrike Lohmann von der ETH Zürich.
SRF News: Forscherinnen und Forscher vom Alfred-Wegener-Institut haben herausgefunden, dass die Wolken eine entscheidende Rolle spielen könnten bei der Beschleunigung der Erderwärmung. Was genau haben sie festgestellt?
Ulrike Lohmann: Über den Ozeanen gibt es Stratuswolken. Das sind Schichtwolken, die viel Sonnenlicht reflektieren, also auf die Erde kühlend wirken. Die Forscher haben nun herausgefunden, dass es einen Übergang von diesen Stratuswolken hin zu Kumuluswolken gibt, also Haufenwolken. Das bedeutet, dass die Wolkenschicht aufgebrochen wird und mehr Sonnenlicht bis zum Erdboden gelangt.
Je mehr der Klimawandel voranschreitet, desto instabiler ist die Atmosphäre und umso häufiger entstehen Kumuluswolken.
Warum passiert das?
Der Vorgang passt zu den Erwartungen, die wir haben: Je mehr der Klimawandel voranschreitet, je wärmer die Erde wird, desto instabiler ist die Atmosphäre, desto häufiger entstehen Kumuluswolken. Wir kriegen also eher eine sogenannte «Popcorn Bewölkung», statt einer zusammenhängenden, kühlenden Wolkenschicht. Denn diese entsteht eher dann, wenn wir eine stabil geschichtete Atmosphäre haben.
Bedeutet das, dass sich der Klimawandel selbst verstärkt?
Ganz genau. Wir sagen dem «positive Rückkopplung»: Je wärmer, desto instabiler wird es, desto weniger kühlende Wolken haben wir, was wiederum dazu führt, dass es wärmer wird es und sich noch weniger von diesen kühlenden Wolken bilden.
Könnte man kühlende Wolken künstlich erzeugen?
Das wird tatsächlich angedacht. Das läuft unter dem Schlagwort Klimaengineering oder Geoengineering. Man nimmt ein harmloses Aerosol wie Meersalz und gibt dieses in die Wolken, damit diese wieder mehr und kleinere Wolkentröpfchen bilden und somit mehr Sonnenlicht reflektieren.
Wir kommen nicht darum herum, den CO₂-Ausstoss zu reduzieren und Treibhaushase aus der Atmosphäre zu entfernen.
In Australien gab es schon Feldexperimente dazu, mit dem Ziel, das Great Barrier Reef zu schützen. Wir kommen aber nicht darum herum, den CO₂-Ausstoss zu reduzieren und Treibhaushase aus der Atmosphäre zu entfernen.
Es gibt auch private Firmen, die anbieten, mit künstlichen Wolken das Klima zu kühlen. Was halten Sie davon, dass da auch private Firmen mitmischen wollen?
Davon halte ich gar nicht viel. Wir sind als Forschergemeinschaft erst daran, die Nebenwirkungen zu studieren, herauszufinden, wie effektiv bestimmte Methoden sind. Wenn das privat gemacht wird, passiert das ziemlich unkontrolliert. Solche Versuche könnten auch Nebenwirkungen in einem anderen Land haben, was zu geopolitischen Konflikten führen könnte. Ich bin überhaupt nicht Fan davon, wenn so was von Privaten gemacht wird.
Wie weit sind diese Firmen? Wird das schon praktiziert?
Die Firma «Make Sunsets» in Kalifornien praktiziert es bereits, aber in einem so kleinen Rahmen, dass es keine Wirkung hat.
Sie haben mögliche geopolitische Verwerfungen angesprochen. Was meinen Sie damit konkret?
Bei Wassermangel könnte ein Land seine Wolken so manipulieren, dass sie innerhalb der eigenen Grenzen ausregnen und nicht ins Nachbarland weiterziehen. Das könnte aus meiner Sicht sehr heikel sein.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.