Italien, Griechenland oder Spanien: In allen drei Ländern starten die Kinder spätestens am Montag ins neue Schuljahr. Nicht online, nicht in Chat-Sessions. Sondern mit Präsenzunterricht im Klassenzimmer, mit Kollegen und Freundinnen auf dem Pausenhof, mit Mittagessen in der Kantine.
Das alles muss ihnen trotz der üblich langen Sommerferien diesmal wie eine sehr ferne Erinnerung vorkommen. In Italien und Griechenland schlossen die Schulen wegen des Corona-Lockdowns am 9. März, in Spanien am 16. März.
Schlechte Voraussetzungen für Fernunterricht
Für die etwas über acht Millionen Schülerinnen und Schüler in Spanien sei die Rückkehr höchste Zeit, sagt Schulpsychologin Lourdes Jiménez Rodríguez. Sie arbeitet an einer Schule in Alcorcón, einer 170’000-Einwohner-Stadt im Südwesten der Hauptstadt Madrid. «Es ist für ihre Entwicklung wichtig, dass sie zurück sind, sich wiedereingliedern. Nicht nur wegen des Schulstoffs, sondern vor allem auch fürs soziale Lernen und die soziale Interaktion.»
Ich verstehe nicht, warum die Regierung die Schulen so lange geschlossen liess.
Sie erfuhr: In kinderreichen Familien fehlte es zu Hause im Fernunterricht teils schlicht an genügend Laptops, damit alle gleichzeitig am jeweiligen Fernunterricht teilnehmen konnten. Einzelne Familien hatten gar kein Internet. Die allermeisten aber hätten sich mit der Zeit organisiert, dank improvisierter Nachbarschaftshilfen, NGO und engagiertem Lehrpersonal.
Schulöffnung kommt für viele zu spät
In einigen armen Familien hätten die Behörden zudem dafür gesorgt, dass das ausgefallene schulische Mittagessen zuhause doch noch auf den Tisch kam. Jetzt seien alle froh, dass es wieder losgehe mit der «neuen Normalität» auch in den Schulen.
Schulleiter David Chaparro Salguero ärgert noch immer, dass man die Schulen nicht schon im Juni wieder geöffnet habe: «Ich verstehe nicht, warum die Regierung die Schulen so lange geschlossen liess, denn die auf den September hin getroffenen Massnahmen hätten wir auch schon im Juni treffen können.»
Was haben die Kinder gelernt?
Die Regierung, auch die Lokalregierung, hätten «mal wieder improvisiert, wie immer in Spanien», diesmal zu Ungunsten der Kinder und Jugendlichen. Sie hätten es schon schwer gehabt in der wochenlangen strengen Ausgangssperre, ist er überzeugt, eine frühere Rückkehr in die Schule hätte psychologisch gutgetan.
Wichtig sind in den nächsten Wochen die unsichtbaren Dinge.
Momentan kümmert er sich um die zahlreichen Vorgaben: Maskenpflicht für Kinder ab sechs Jahren bei fehlender Distanz, Temperaturmessungen am Schuleingang, zeitversetzte Klasseneintritte, Lüftungskonzepte, Bereitstellen von Desinfektionsgels. Sichtbare Dinge.
Wichtig würden in den nächsten Wochen aber die unsichtbaren Dinge, sagt Schulpsychologin Jiménez: Es werde sich zeigen, was die Schülerinnen und Schüler gut gemeistert hätten in dieser Zeit und was weniger gut, wo sie mit dem Schulstoff steckten, wie es ihnen psychisch und physisch gehe, was sie sozial gelernt hätten.
Bei allem Ärger, bei aller Sorge, bei aller Improvisation: Ob Lehrkräfte, Schülerinnen, Eltern oder Grosseltern – die Freude überwiegt, dass endlich wieder Leben einkehrt auf den Pausenplätzen und in den Schulzimmern.