- Zwölf EU-Staaten pochen auf mehr Zäune an den europäischen Aussengrenzen.
- Befeuert wird diese Forderung von der unerwünschten Migration über Belarus in die EU und die Meldungen von illegalen Pushbacks an der kroatischen Grenze.
- Physische Barrieren seien effektive Grenzschutz-Massnahmen, die den Interessen der gesamten EU dienen würden, heisst es in einem Brief der Innenministerien der zwölf Länder.
Die Forderung nach mehr Stacheldraht und Zäunen brachten Polen, Österreich sowie zehn weitere EU-Staaten aufs Tapet. Ihrer Meinung nach sollen diese Grenzschutz-Massnahmen «zusätzlich und angemessen aus dem EU-Budget» finanziert werden.
Dies hielten sie in einem Schreiben fest, das an die zuständigen EU-Kommissare Ylva Johansson und Margaritis Schinas adressiert war. Der Brief ist auf den Vortag des EU-Innenministertreffens vom Freitag in Luxemburg datiert und liegt der Deutschen Presse-Agentur dpa vor.
Erste Reaktionen fallen ablehnend aus
Bei Innenkommissarin Johansson traf das Dutzend mit seinen Ideen auf wenig Sympathie. Sie habe nichts dagegen, dass EU-Staaten Zäune bauen, sagte die Schwedin nach dem Ministertreffen. Aber ob es eine gute Idee sei, dafür EU-Geld zu nutzen? «Das denke ich nicht.»
Deutlich gegen die Forderung nach mehr Grenzschutz stellte sich Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn. Er sei «absolut nicht» dafür, mehr Mauern zu errichten. Man müsse zwar wissen, wer in die EU komme – doch er sei entschieden dagegen, alle ankommenden Migrantinnen und Migranten in Internierungslagern unterzubringen.
Deutschland, Frankreich, Spanien und andere Länder, in denen die Vielzahl der Asylanträge gestellt wird, haben den Brief nicht unterschrieben. Stattdessen sind etwa Ungarn, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Lettland, Litauen und Dänemark dabei.
Polen hat kilometerlange Zäune errichtet
Die zwölf Innenminister nehmen mit ihren Forderungen unter anderem Bezug auf die Lage an der Grenze zwischen Belarus und den EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Aussengrenze zu bringen.
Lukaschenko wolle die Staatengemeinschaft so bewusst destabilisieren und reagiere damit auf Sanktionen der EU. Deshalb sei der EU-Rechtsrahmen so zu ändern, dass «Versuche der Instrumentalisierung illegaler Migration mit politischen Zielen und andere hybride Bedrohungen» angemessen adressiert werden könnten.
Polen, Litauen und Lettland haben bereits mit verstärktem Grenzschutz reagiert und mit dem Bau von Hunderten Kilometern Grenzzaun begonnen. Im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus sind bereits mehrere Menschen gestorben.
Pushbacks an der Grenze befeuern Debatte
Die Debatte läuft auch vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte über illegale und teils brutale Zurückweisungen Schutzsuchender an den EU-Aussengrenzen Kroatiens und Griechenlands.
Videoaufnahmen eines europäischen Rechercheverbundes, die diese Woche öffentlich wurden, sollen schwere Menschenrechtsverletzungen an der kroatischen Grenze zu Bosnien belegen.
Zugleich wird Griechenlands Küstenwache vorgeworfen, Asylsuchende auf Rettungsflösse zu setzen, sie zurück aufs offene Meer zu ziehen und sich dann selbst zu überlassen. Derlei Vorwürfe wurden in der Vergangenheit mehrfach gegen beide Länder erhoben.
Luxemburgs Aussenminister Asselborn forderte die EU-Kommission auf, rasch einzuschreiten: «Das geht nicht in Europa.»