Butscha, Kramatorsk, Mariupol – Hinweise auf Kriegsverbrechen in der Ukraine häufen sich. Tun wir genug, um Kriegsverbrechen zu verhindern? Damit hadern auch Politikerinnen und Politiker in der SRF Sendung «Club».
Das Wichtigste ist, unsere hervorragenden Diplomaten zu unterstützen.
«Das Wichtigste ist, unsere hervorragenden Diplomaten zu unterstützen», sagt SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. SP-Nationalrat Jon Pult meint, dass man immer mehr machen könne, «angesichts des Elends, das stattfindet», und GLP-Präsident Jürg Grossen fügt an: «Ich versuche jeden Tag meine Hebel in Bewegung zu setzen.»
Mit QR-Codes gegen Kriegsverbrechen
Einen konkreteren Beitrag leisten die Schweizer Behörden mithilfe eines Online-Formulars: Ukrainische Flüchtende erhalten bei der Registrierung auf dem Migrationsamt ein Informationsblatt, das sie dazu auffordert, Hinweise zu allfälligen Kriegsverbrechen zu melden. Genaugenommen ist es ein Begleitschreiben, das via QR-Code auf eine nicht öffentlich zugängliche Webseite führt.
«Für uns ist die Qualität der Antworten wichtig, weshalb das Formular mit dem QR-Code nicht an sich veröffentlicht wird, sondern nur gezielt an Personen ausgehändigt wird, die als Schutzsuchende in die Schweiz einreisen», erklärt Berina Repesa, Sprecherin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), gegenüber der Sendung Club.
Bei den regulären Asylverfahren findet jeweils eine Befragung durch die Mitarbeitenden des Migrationsamtes statt. Da diese Befragungen beim Schutzstatus S wegfallen, kommt stattdessen das Formular zum Einsatz.
Ernüchternde Bilanz
Angesichts der Bilder und Berichte aus der Ukraine wäre zu erwarten, dass bereits viele Meldungen der über 36’000 in die Schweiz Geflüchteten eingegangen sind. Doch die Bilanz nach aktuellem Stand (19. April) ist gleich Null.
«Nach heutigem Stand sind keine Meldungen bei uns eingegangen», sagt Fedpol-Mediensprecherin Berina Repesa. Dafür gebe es zwei mögliche Erklärungen.
Nach heutigem Stand sind keine Meldungen zu Kriegsverbrechen bei uns eingegangen.
Erstens habe auch die ukrainische Regierung eine solche Meldestelle eingerichtet, die für Ukrainer und Ukrainerinnen allenfalls zugänglicher sei. Und zweitens sei es womöglich noch schlichtweg zu früh dafür. Der Grossteil der Geflüchteten, die bereits hier seien, seien ganz am Anfang des Konfliktes geflohen, als noch keine Meldungen über Kriegsverbrechen zu hören waren, erklärt Berina Repesa weiter.
Sammeln für Den Haag
Doch was passiert mit einer solchen Meldung, sofern sie die Behörden erreicht? Das Fedpol wertet diese zusammen mit einem Übersetzer aus und nimmt bei allfälligen Rückfragen mit der Person, die das mutmassliche Verbrechen gemeldet hat, Kontakt auf. Daraus gewonnene Informationen tauscht das Fedpol mit nationalen und internationalen Partnern aus, etwa dem Europäischen Polizeiamt Europol oder Eurojust, der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.
Die Beweise könnten zu einem späteren Zeitpunkt wichtig werden, etwa, wenn die Täter vor dem internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden.