Worum geht es? In mehreren Städten in Schweden kam es über die Osterfeiertage zu gewalttätigen Ausschreitungen. Nach Angaben der schwedischen Polizei sind dabei mindestens 26 Polizeiangehörige und 14 Zivilpersonen verletzt worden. Mehrere Fahrzeuge brannten und es flogen Molotow-Cocktails. Bis am Ostermontag nahm die Polizei 40 Personen fest. Etwa die Hälfte von ihnen war unter 18 Jahre alt.
Wie konnte es so weit kommen? Am Anfang der Randale stand eine von mehreren bewilligten Kundgebungen des rechtsextremen und islamfeindlichen dänisch-schwedischen Politikers Rasmus Paludan, bei der dieser einen Koran verbrannte. An den weiteren Kundgebungsorten sei er nicht aufgetaucht, weiss SRF-Nordeuropamitarbeiter Bruno Kaufmann. Der schwedisch-dänische Doppelbürger werde auch nicht von den Rechtsextremisten in Schweden unterstützt. «Deshalb war es doch überraschend, dass die Polizei, die diese Kundgebungen überwachen sollte, auf einmal auf vermummte Jugendliche traf, die sie angriffen.»
Was für eine Rolle spielten dabei Banden? Am Ostermontag sagte der schwedische Polizeichef, es gebe Anzeichen, dass kriminelle Banden an den Ausschreitungen beteiligt gewesen seien. Diese haben sich in vielen Vorstädten Schwedens etabliert – «dort, wo in den 60er, 70er Jahren viele Betonblöcke gebaut wurden und wo jetzt vor allem sozial schwächer Gestellte leben, die aus dem Ausland zugewandert sind», so Kaufmann. In diesen Vororten habe sich nicht zuletzt auch wegen der restriktiven Drogenpolitik Schwedens eine organisierte Kriminalität etabliert, die den Drogenhandel im Land kontrolliere und immer wieder in Konflikt mit der Polizei gerate. «Und diese Drogenbanden nutzten jetzt die Bühne, diese Gelegenheit, um der Polizei eins auszuwischen.»
Was tut Schweden dagegen? Bandenkriminalität ist schon seit längerem ein Thema in Schweden. Es kommt regelmässig zu Schiessereien in diesem Milieu. «Es ist ein klares Politikversagen», sagt der Nordeuropa-Kenner. Dieses zeige sich schon seit Jahren. «Etwa vor zehn Jahren gab es bereits einmal Ausschreitungen in den Vorstädten», so Kaufmann. Dies, nachdem es zu Verhaftungen gekommen war, die vor Ort nicht goutiert wurden. «Man sagte damals, die Probleme seien schwerwiegend, man wolle in die Vororte investieren. Aber es ist seither wenig passiert.» Nun habe man sozusagen die Quittung dafür erhalten.
Die Debatte um Wasserwerfer und Gummigeschosse für die Polizei wird im Hinblick auf die Wahlen jetzt intensiver.
Was bedeutet das für die Wahlen? In einem halben Jahr werden in Schweden Parlamentswahlen abgehalten. Die jüngsten Ereignisse heben laut Kaufmann die Innenpolitik wieder auf der Tagesordnung. Denn in den letzten Wochen habe die Aussen- und Sicherheitspolitik wegen des Ukraine-Krieges alles dominiert. Diesmal gebe es aber einen grossen Unterschied. «Vor zehn Jahren hat man noch gesagt, man möchte in die Bildung, in die Schulen, in die Häuser vor Ort investieren. Jetzt aber ist es die Stunde der Hardliner», sagt Kaufmann. Jetzt werde gesagt, die Polizei müsse besser ausgerüstet sein, sie brauche Wasserwerfer, sie brauche Gummigeschosse. Gewalttätige Demonstranten ohne schwedischen Pass sollten ausgewiesen werden. «Man kann sehen, dass diese Debatte mit Blick auf die schwedischen Wahlen jetzt intensiviert wird.»