Darum geht es: Der ukrainische Präsident hat sich in Brüssel mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg getroffen. Nach Erkenntnissen der Nato zieht Russland seine Truppen zusammen. Seit Tagen gibt es Berichte über einen russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Die Regierung in Kiew und die Nato befürchten, die Truppenbewegungen nahe der Grenze könnten Vorboten einer offenen militärischen Konfrontation sein. Russland hat erklärt, es habe nicht die Absicht, in die Ukraine einzumarschieren.
Das ist die Position der Ukraine: Die ukrainische Regierung hätte gerne mehr Unterstützung, auch militärische.
Das sagt die Nato: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte, jede künftige Aggression Russlands gegenüber der Ukraine werde einen hohen Preis haben und ernste politische und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Der Wunsch Wolodimir Selenskis sei von Stoltenberg durchaus mit Verständnis aufgenommen worden, sagt der diplomatische Korrespondent von SRF, Fredy Gsteiger. «Allerdings bedeutet dieses Verständnis nicht, dass die Nato verspricht, im Invasionsfall direkt militärisch zugunsten der Ukraine einzugreifen.» Es sei klar, dass in der Nato die Bereitschaft nicht vorhanden sei, eine direkte Konfrontation mit Russland zu riskieren.
Das überlegt sich Russland: Russland kalkuliere mit verschiedenen Optionen, sagt der diplomatische Korrespondent von SRF. Es gehe einerseits um die Kosten und Risiken bei einem Einmarsch in die Ukraine. «Droht da ein Afghanistan-Szenario, also ein jahrelanger Krieg, der in einem Debakel endet?».
Ich denke nicht, dass Russland ernsthaft befürchtet, der Westen würde es angreifen.
Anderseits geht es darum, wie ein Einmarsch in Russland selbst ankommen würde. «Würde es die Beliebtheit des Regimes fördern, wie es bei der Annexion der Krim der Fall war?». Weiter muss Russland die erwartbare Reaktion des Westens einberechnen.
Das erwartet Moskau: Russland verlangt Garantien von der Nato und verlangt, dass sich das westliche Verteidigungsbündnis nicht weiter nach Osten ausdehnen und auch nicht bestimmt Waffensysteme in der Ukraine oder anderen Ländern, die an Russland grenzen, stationieren soll. «Ich denke nicht, dass Russland ernsthaft befürchtet, der Westen würde es angreifen. Aber Russland sieht seine Einflusssphäre im Osten Europas bedroht.» Es sei durchaus eine Tatsache, dass sich die Nato in den letzten Jahren nach Osten ausgeweitet habe und dass Länder wie Georgien und Moldawien oder die Ukraine klar nach Westen streben. «Damit tut sich Russland unglaublich schwer.»
So reagiert die EU: Die EU hat in einem Communiqué angedroht, dass jede militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine massive Konsequenzen hätte. Allerdings stehe nicht darin, was genau mit massiven Konsequenzen gemeint sei, so Gsteiger.
Die möglichen Folgen: Zu Beginn, als Russland seine Truppen zusammenzog, haben viele Beobachter von russischem Säbelrasseln gesprochen. «Doch jetzt werden sie je länger je pessimistischer», so Gsteiger. «Wenn die politischen Spannungen hoch sind und die militärischen Voraussetzungen für einen Krieg geschaffen sind, kann ein kleiner Funke genügen, um einen veritablen Krieg auszulösen.»