Die Französinnen und Franzosen zahlen pro Jahr 138 Euro für die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender. Diese Gebühr soll ihnen erlassen werden, wenn es nach Präsident Emmanuel Macron geht. SRF-Korrespondent Daniel Voll erklärt die Hintergründe.
SRF News: Warum will Macron die Gebühr für die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender abschaffen?
Daniel Voll: Präsident Macron verspricht den Haushalten eine Entlastung. Das ist ein Wahlversprechen, das er bereits im Wahlkampf 2017 abgegeben hat. Er hat es in diesem Frühjahr erneuert. Jetzt will er es mit einem Gesetz zur Erhaltung der Kaufkraft umsetzen. Dieses Gesetz kommt am Donnerstag in den Ministerrat.
Diese vier Milliarden Euro, die durch die Fernsehgebühren in Frankreich zusammenkommen, sollen künftig ins Budget übernommen werden.
Wäre damit der Service Public in den Medien in Frankreich am Ende?
Nein, am Ende ist er ganz bestimmt nicht. Macron will den öffentlich-rechtlichen Medien nicht die Finanzen abschnüren, sondern er will sie in Zukunft durch den Staat finanzieren. Diese vier Milliarden Euro, die durch die Fernsehgebühren in Frankreich zusammenkommen, sollen künftig ins Budget übernommen werden. Der Staat muss dann dieses Geld aus seinen eigenen Ressourcen finanzieren. Wie er dieses Geld aufbringen will, ist die grosse Frage. Der Staat ist hoch verschuldet und Macron hat versprochen, dass er die Steuern nicht erhöhen will.
Würde der politische Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender steigen, wenn sie durch Steuern finanziert würden?
Das sind die Ängste bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Heute geht es um rund vier Milliarden Euro. Doch wie sieht es in fünf bis zehn Jahren aus, wenn die Inflation weiterhin hoch bleibt? Ein Ausgleich der Teuerung ist nicht garantiert. Damit haben die Sender keine Planungssicherheit und spüren den öffentlichen Druck, zum Beispiel aus dem Parlament.
Es gibt offenbar eine Mehrheit für die Abschaffung der Gebühren.
Welchen Rückhalt haben die öffentlich-rechtlichen Sender in der Bevölkerung?
Es gibt offenbar eine Mehrheit für die Abschaffung der Gebühren. Aber bei der Nutzung sieht es anders aus, zum Beispiel beim öffentlich-rechtlichen Radio. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind deutlich beliebter als die Privaten. Sie haben mehr Publikum.
Stehen öffentlich-rechtliche Medienhäuser in Frankreich vor einer ungewissen Zukunft?
Deren Zukunft hat schon besser ausgesehen. Es gibt eine ganze Reihe von offenen Fragen, nicht nur die der Finanzierung. Zum Beispiel hat eine Kommission im Senat vorgeschlagen, dass man Radio und Fernsehen zusammenlegen soll. Diese Idee hat starke Unruhe ausgelöst, denn heute sind Radio und Fernsehen in Frankreich komplett getrennt. Aber diese Diskussion ist ebenfalls erst am Anfang.
Fassen wir zusammen: Emmanuel Macron will ein Wahlversprechen einlösen, damit die Bevölkerung Geld sparen kann. Er will die vier Milliarden Euro für die öffentlich-rechtlichen Sender stattdessen aus der hoch verschuldeten Staatskasse bezahlen. Warum will Macron diese Übung machen?
Weil er versprochen hat, die privaten Haushalte zu entlasten. Das ist wohl auch der Grund, warum er mit dieser Vorlage keine grossen Probleme hat.
Die Teuerung und die hohen Lebenshaltungskosten sind grosse Themen. Es wird daher wahrscheinlich politisch wenig Widerstand geben.
Zwar ist es politisch umstritten, dass Radio und Fernsehen nicht mehr durch Gebühren, sondern durch einen Staat finanziert werden sollen. Aber weil heute eben die Teuerung und die hohen Lebenshaltungskosten grosse Themen sind, wird es wahrscheinlich politisch relativ wenig Widerstand geben.
Das Gespräch führte Claudia Weber.