Darum geht es: In Schweden steht ein historischer Beschluss an – jener über den Bau eines Endlagers für hochradioaktive Atomabfälle. Tief im Boden unter einem bestehenden AKW sollen rund 12'000 Tonnen strahlender Müll während 100'000 Jahren sicher gelagert werden. Erst dann ist er nicht mehr übermässig radioaktiv. Dem Regierungsbeschluss gingen jahrzehntelange Abklärungen voraus. Seit 1977 schreibt ein schwedisches Gesetz vor, dass Atomkraftwerke nur betrieben werden dürfen, wenn es eine Lösung für die radioaktiven Abfälle gebe.
Hier soll der Atommüll lagern: Viele mögliche Standorte für ein atomares Endlager wurden in den vergangenen Jahrzehnten evaluiert. Doch am Ende landete man im Gebiet von bestehenden AKW in Forsmark etwa 100 Kilometer nördlich von Stockholm. Hier dürfte nun das erste Endlager für hochradioaktive Abfälle Schwedens gebaut werden. Ein anderer näher untersuchter Standort für ein Lager befindet sich in Oskarshamn im Südosten des Landes, wo ebenfalls bereits ein AKW in Betrieb ist, und wo derzeit Tausende Tonnen radioaktiver Abfälle zwischengelagert werden.
Deshalb kommt der Entscheid jetzt: Seit 2014 war Schweden von einer Rot-Grünen Minderheitsregierung regiert worden – und die Grünen stemmten sich gegen den Entscheid über ein Endlager. Erst ihr Ausstieg aus der Regierung Ende letzten Jahres ebnete den Weg für den Entscheid. Die sozialdemokratische Minderheitsregierung ergreift in der AKW-Frage quasi die Flucht nach vorne. Das zeigt sich auch daran, dass Schwedens Sozialdemokraten den Vorschlag der EU, Atomenergie als «grün» einzustufen, unterstützen. Nicht zuletzt will die Partei damit wohl auch ein Zeichen im Hinblick auf die Wahlen im Herbst setzen.
Darum dauerte der Prozess so lange: Bei der Suche nach einem Endlager wurde die lokale Bevölkerung miteinbezogen. Entsprechend lange dauerte der Prozess, um einen Standort zu finden. Und weil sich die lokale Bevölkerung an den meisten Orten, wo geologisch gute Bedingungen vorgeherrscht hätten, gegen ein atomares Endlager stellte, blieben nur jene Orte übrig, wo sich schon Atomanlagen befinden. Hier wehrte sich die Bevölkerung nicht gegen ein Endlager. Hinzu kamen auch laufend neue technische Entwicklungen, welche eine gewisse Verzögerung beim Bau eines Endlagers erlaubten.
Hier ist man schon weiter: In Finnland soll das erste europäische atomare Endlager schon in ein paar Jahren in Betrieb gehen. Auch dort wurde mit dem Standort Olkiluoto ein Ort gewählt, wo schon seit Jahrzehnten Atomkraftanlagen laufen. Nun soll an der Westküste Finnlands ab 2025 in 400 Metern Tiefe Atommüll aus den finnischen AKWs sicher für mindestens 100'000 Jahre eingelagert werden. Viele der Erfahrungen, welche das einige Jahre weiter fortgeschrittene Finnland in der Endlager-Frage gemacht hat, helfen jetzt auch Schweden bei seinem Endlager in Forsmark.
So geht es nach dem Entscheid weiter: Bis die Anlage in Schweden in Betrieb geht, wird es sicher noch zehn Jahre dauern. Bis dann wird der bereits angefallene und weiter entstehende atomare Abfall weiter zwischengelagert. Ab 2030 sollte Schweden dann – zusammen mit Finnland – eines der ersten Länder sein, welche eine Lösung für den strahlenden Müll aus Atomkraftwerken anbietet.