Ohne Satelliten geht in der modernen Gesellschaft kaum mehr etwas. Im Durchschnitt braucht ein Mensch jeden Tag 37 Mal die Dienste eines Satelliten fürs Handynetz. Sei es fürs Navigieren oder damit kritische Infrastruktur rund läuft.
Dabei erfüllen Satelliten weit strategischere Zwecke: Sie sind auch essenziell für eine Armee – von der Planung bis zum Einsatz der Truppen.
Gerade in einer Konfliktsituation, wenn Systeme wie das Glasfasernetz oder das Mobilfunknetz nicht mehr funktionieren, weil sie zerstört wurden, sind Satelliten essenziell, wie Clémence Poirier sagt. Sie forscht zu Cyberverteidigung am Center for Security Studies an der ETH Zürich.
Gefährdete Unterwasserkabel um Taiwan
Drohnen, Waffensysteme, Navigation: All das wird ermöglicht durch Satellitenkommunikation. Und weil Satelliten so wichtig sind in Konfliktsituationen, setzt nun auch Taiwan auf die Technologie im All.
Denn: «Taiwan ist heute stark auf Unterwasserkabel angewiesen», sagt Poirier. Und diese Kabel könnten abgehört oder physisch gekappt werden. Auch könnte der Datenfluss verzögert werden.
Deshalb setzt Taiwan jetzt auf ein sicheres Satellitennetz. Letztes Jahr unterzeichnete das taiwanesische Telecom-Unternehmen Chungwha einen Vertrag mit dem britisch-europäischen Unternehmen Eutelsat OneWeb. Nun soll Taiwan bald Zugriff auf den Satelliten-Internetdienst haben. Damit will man sich auf einen möglichen Angriff Chinas vorbereiten.
Redundante Internet-Systeme
Denn: «Wenn China Taiwan angreifen sollte und zu Beginn der Invasion ein Unterwasserkabel und somit das Internet in Taiwan kappen würde, dann hätte China einen taktischen Vorsprung von drei bis vier Stunden», sagt Poirier. Dieser Vorsprung könnte verheerende Folgen haben. Das hat jüngst der Krieg in der Ukraine gezeigt. Dieser begann mit einem Cyberangriff auf Satelliten.
Für Taiwan heisst das, dass auch ihr neues Satellitensystem keine hundertprozentige Sicherheit garantiert – denn wie die Russen könnten auch die Chinesen das Netzwerk hacken.
Immerhin aber stelle der neue Zugang zu Satelliten für Taiwan eine Ausweichlösung dar, so Poirier. Wenn es zu einem Angriff Chinas käme und die Satelliten gehackt würden, bleibe immer noch die Unterwasserkabelverbindung. Umgekehrt hofft man, dass die Satelliten einsatzfähig bleiben, falls die Kabel gekappt werden.
Ohne Satelliten geht Krieg nicht mehr
Das Beispiel Taiwan zeige: «In Zukunft wird man verstärkt auf Satellitenkommunikation angewiesen sein», so Poirier. Und weil der Platz im Orbit beschränkt ist, werde man wohl auf einige wenige Anbieter zurückgreifen müssen.
Viele Staaten werden auf ausländische Satellitensysteme zurückgreifen müssen.
Entsprechend sei ein Rennen im Gang zwischen den grossen Nationen, eigene Satellitennetzwerke aufzubauen. «Das wird aber nicht jedes Land schaffen – und auf ausländische Systeme zurückgreifen müssen.»
Taiwan etwa setzt auf ein britisch-europäisches Unternehmen. Und im Fall der Ukraine heisst die Lösung seit der Cyberattacke: Starlink. Das Produkt von Elon Musks Firma SpaceX konnte sich vor Jahren einen der begehrten Plätze im All ergattern.
Jetzt profitiert Starlink davon, dass nicht nur wir alle 37-mal pro Tag auf Satelliten angewiesen sind, sondern auch die Streitkräfte weltweit nicht mehr ohne sie auskommen.