So hoch wie jetzt waren die weltweiten Militärausgaben noch nie in der Geschichte. Und zwar inflationsbereinigt. Zu diesem Schluss gelangt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in seiner neuesten Untersuchung.
Selbst im Kalten Krieg wurde weltweit nicht so viel ausgegeben für das Militär wie heute. Nämlich 2.24 Billionen Dollar – also 2240 Milliarden. Am grössten fiel die Zunahme in Europa aus. Sie beläuft sich im Schnitt auf 13 Prozent.
Besonders stark trugen dazu Russland und die Ukraine bei. In der Ukraine erhöhten sich die zuvor relativ bescheidenen Ausgaben nach dem russischen Angriff innerhalb weniger Monate um sagenhafte 640 Prozent. Auch Moskau steckte deutlich mehr in seine Streitkräfte als es selber budgetiert hatte. Was darauf hindeutet, dass man den Aufwand für den Angriff auf die Ukraine krass unterschätzt hat.
Hohe Zunahmen gab es aber auch in Ländern wie Polen, Litauen, Schweden oder Finnland. Das bestätigt, was ohnehin klar ist: Die russische Invasion bewirkte einen Bewusstseinswandel in Europa. Die Verteidigung ist auf der Prioritätenliste weit nach oben gerückt. Ihr Anteil am Staatshaushalt steigt – was die Regierungen zu kräftigen Einsparungen bei anderen öffentlichen Aufgaben zwingen wird. Klar und nicht überraschend ist auch: Die Angst vor einem aggressiven Moskau ist umso grösser, je näher ein Land bei Russland liegt.
Chinas Aufrüstung löst Ängste aus
Markant ist die Aufrüstung auch in Südost- und teilweise in Südasien. Hier ist nicht die Grossmacht Russland, vielmehr die neue Supermacht China der Treiber. In China selber erfolgt die Aufrüstung seit mehr als dreissig Jahren ungebremst aus freien Stücken. Denn niemand bedroht das chinesische Territorium. In umliegenden Ländern jedoch, etwa in Japan, Südkorea, Taiwan oder Australien, führt die Furcht vor China und dessen zunehmender auch militärischer Forschheit zu markanter Aufrüstung.
Insgesamt zeigt sich: Die Welt wird immer unsicherer. Das treibt die Rüstungsspirale an. Der Trend wird sich noch viel deutlicher abzeichnen in den kommenden Jahren. Denn der Krieg in der Ukraine und die immer aggressiveren Töne aus Peking sind in den Zahlen für 2022 noch nicht einmal voll eingepreist.
Veränderungen in den Militärausgaben, Kapazitätserhöhungen bei den Waffenschmieden, Rüstungsbeschaffungsprogramme sind langwierige Angelegenheiten. Viele politische Beschlüsse schlagen erst Jahre später voll durch auf die Staatsausgaben. Wir erleben also erst den Anfang der neuesten grossen Aufrüstungsrunde. Das dicke Ende steht erst noch bevor.