- Als Reaktion auf den Besuch von US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan führt China rund um die Insel Militärmanöver durch.
- Die Übungen der chinesischen Volksbefreiungsarmee (PLA) finden sowohl zu Wasser, als auch in der Luft um Taiwan statt.
- Dabei seien 22 chinesische Flugzeuge in den taiwanesischen Luftraum eingedrungen, so das Verteidigungsministerium Taiwans.
- Zudem sind offenbar fünf chinesische Raketen in die Wirtschaftszone Japans eingeschlagen.
China habe schätzungsweise elf ballistische Raketen in Richtung Taiwan abgeschossen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, in Washington. «Wir verurteilen diese Aktionen.» Das Vorgehen Pekings sei unverantwortlich. «China hat überreagiert und den Besuch der Vorsitzenden Pelosi zum Vorwand genommen, um seine provokativen militärischen Aktivitäten in und um die Taiwanstrasse zu verstärken.» Kirby beklagte: «Pekings provokative Aktionen sind eine bedeutsame Eskalation.»
Die chinesischen Manöver sollen bis Sonntag dauern. Zudem seien die Internetseiten des Verteidigungs- und des Aussenministeriums sowie des Präsidialamts von Hackern angegriffen worden, teilte ein Kabinettssprecher in Taipeh mit.
Das taiwanesische Verteidigungsministerium erklärte, das Militär werde seine Alarmbereitschaft weiter erhöhen, um die nationale Sicherheit und Souveränität zu sichern und angemessen auf die «feindliche Situation» zu reagieren. Taiwan werde sich nicht davor drücken, sein Territorium angesichts der verstärkten Drohungen aus China vollends zu verteidigen, bekräftigte das Präsidialamt der Insel.
Es sagte, Chinas Militärübung rund um Taiwan beeinträchtige den Warenfluss und die internationale Freiheit der Navigation. Die Lage in der «Strasse von Taiwan» und in der Nähe der vorgelagerten Inseln Taiwans werde genau beobachtet. Taiwan hatte bereits am Mittwoch erklärt, dass China mit den Manövern wohl in taiwanesisches Hoheitsgebiet eindringen werde.
Auch Japans Verteidigungsminister meldete Verletzungen von Japans ausschliesslicher Wirtschaftszone: Fünf ballistische Raketen schlugen in japanischen Gewässern ein. Es sei der erste derartige Vorfall gewesen. Er fügte hinzu, dass Japan auf diplomatischem Wege Protest eingelegt habe.
Beim aktuellen Vorfall handelt es sich um die grösste Krise um Taiwan seit einem Vierteljahrhundert. Die Manöver in den sechs Gebieten rund um die demokratische Inselrepublik zielen auf eine Luft- und Seeblockade. Sie könnten auch Modell für eine gewaltsame Eroberung sein.
Die Muskelspiele sollen Taiwan vor weiteren Bestrebungen nach Unabhängigkeit abschrecken. Zudem sind sie eine Warnung an die USA, sich aus dem Streit herauszuhalten.
Die Übungen sind auch grösser als in der «Raketenkrise» 1995/96, als China Raketen im Norden und Süden über Taiwans Hoheitsgewässer schoss. Schon damals wollte Peking die Unabhängigkeitskräfte abschrecken. Die USA entsandten damals zwei Flugzeugträger.
Reaktion auf Pelosi-Besuch
Chinas Volksbefreiungsarmee ordnete die Manöver als Reaktion auf die Taiwan-Reise der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Dienstag und Mittwoch an – der ranghöchste Besuch aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. China sieht die Insel als Teil der Volksrepublik an.
Die Führung in Peking hatte vehement vor dem Besuch gewarnt. Taiwan versteht sich hingegen schon längst als unabhängig. Die US-Spitzenpolitikerin setzte ihre Asien-Reise am Donnerstag in Südkorea fort.