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Das griechische Gesundheitssystem krankt
Aus Rendez-vous vom 17.08.2018. Bild: Reuters
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Spardruck hält an Griechenlands öffentliche Spitäler in der Misere

Die Lage für Kranke und Personal ist dramatisch. Mittlerweile betteln die Institutionen um Spenden bei Reedereien.

Kommenden Montag läuft das dritte Reformprogramm für Griechenland aus. Die Regierung feiert dies als «Ende der Sparpakete». Doch weitere Kürzungen für Rentner und Steuererhöhungen sind bereits beschlossen. Fast jeder Sektor des öffentlichen Lebens ist betroffen. Darunter die Spitäler, die im laufenden Jahr nur noch 850 Millionen Euro zur Verfügung hatten, verglichen mit noch 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2010.

Verheerende Folgen der Sparprogramme

In der Radiologischen Abteilung des Athener Asklipiio-Spitals ist viel los. Patienten haben auf den Metallsitzen des Wartezimmers Platz genommen, andere laufen ungeduldig rein und raus, bis ihre Nummer an der Anzeigetafel aufblinkt.

Rund 300 Röntgenaufnahmen am Tag würden im Asklipiio gemacht, sagt die 48-jährige Radiologin Despoina Tosonidou. Wer hingegen eine Kernspintomographie benötigt, wird zurzeit in andere Spitäler transportiert, denn das eigene Gerät ist defekt.

Alltag: Mangel an Material und Medikamenten

Das bedeutet für die Patienten bis zu 100 Kilometer Fahrt – für Verletzte eines Autounfalls, aber auch für Schlaganfall- oder Blinddarmpatienten. «Sie können sich vorstellen, was das für die Gesundheit oder gar das Leben dieser Menschen bedeutet», stellt die Ärztin fest.

Radiologin.
Legende: Radiologin Despoina Tosonidou prangert die Zustände im öffentlichen Gesundheitswesen an. Rodothea Seralidou

Der defekte Kernspintomograph ist nach ihren Worten aber nur die Spitze des Eisbergs: Engpässe an Medikamenten, stumpfe OP-Instrumente, fehlende Chemikalien für Laboruntersuchungen. All das sei mittlerweile in griechischen Spitälern normal.

Patient: Klingeln nutzlos

Patient Angelos Galatis wartet auf eine Ultraschalluntersuchung. Was ihn im Asklipiio genau erwarte, wisse er nicht, sagt der 50-Jährige lächelnd. Neulich war er in ein anderes öffentliches Krankenhaus – ins Ippokratio – eingewiesen worden.

An den Betten hat man die Klingeln deaktiviert, wohl weil die Schwestern ohnehin nicht zu den Patienten kommen konnten.
Autor: Angelos Galatis Patient

Schlimmer als das fehlende Verbandszeug und Toilettenpapier sei dort der Personalmangel gewesen: Vor allem nachts habe es extrem wenig Krankenschwestern gegeben: «An den Betten hat man die Klingeln deaktiviert, wohl weil die Schwestern ohnehin nicht zu den Patienten kommen konnten.» Galatis hatte deshalb immer jemanden dabei – entweder seine Tochter oder seine Frau.

Steigender Arbeitsdruck und sinkende Löhne

Auch im Asklipiio herrscht akuter Personalmangel. Rund 350 Stellen sind nicht besetzt, darunter 60 Ärztestellen. Viele Kolleginnen und Kollegen seien wegen der Überstunden erschöpft und überarbeitet. Dazu müssten sie auch noch mit weniger Geld auskommen, als vor der Krise, so die Radiologin und zweifache Mutter. Sie selbst erhalte noch 1500 Euro, weniger als bei ihrer Einstellung.

Inakzeptabler Zustand: Spenden statt staatliche Mittel

Zumindest der kaputte Kernspintomograph soll bald ausgetauscht werden. Ein griechischer Reeder habe der Spitalleitung versprochen, ein Gerät zu spenden, sagt Tosonidou.

Es hängt nun von den Reedern ab, welche Geräte ersetzt werden.
Autor: Despoina Tosonidou Radiologin im Athener Asklipiio-Spital

Die griechischen Spitäler generell seien mittlerweile auf Spenden angewiesen. Tosonidou: «Es hängt nun von den Reedern ab, welche Geräte ersetzt werden. Ganze Abteilungen werden modernisiert, während die Abteilungen nebenan einfach unzumutbar sind und das auch bleiben.» Dieser Zustand sei einfach inakzeptabel. Das griechische Volk zahle Unsummen an Steuern und zumindest ein Teil davon müsste ins öffentliche Gesundheitssystem fliessen. Stattdessen hänge alles von den Beziehungen ab, die jede Fachklinik zu den Reedern pflegt.

Geld für die Banken, aber nichts für die Gesundheit

Nur eine von der Regierung Tsipras umgesetzte Massnahme beurteilt Tosonidou als positiv: Die Öffnung der Spitäler für unversicherte Patienten – eine Forderung, die das Spitalpersonal schon lange hatte. Allerdings brauche es dafür auch mehr Geld. Doch der Etat ist gleich geblieben. «Das Geld, dass für die Behandlung von zehn Patienten vorgesehen war, muss heute für 30 Patienten reichen», kritisiert Tosonidou.

Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir mit Aspirin ein schwerkrankes Gesundheitssystem behandeln wollen. Aber ein schwerkranker Patient kann mit Aspirin nun mal nicht gesund werden.
Autor: Despoina Tosonidou Radiologin im Athener Asklipiio-Spital

So viel Geld sei schon in die Bankenrettung gesteckt worden. Wenn nur ein Bruchteil davon in die Gesundheit geflossen wäre, würden die Dinge heute anders aussehen», stellt sie fest: «Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir mit Aspirin ein schwerkrankes Gesundheitssystem behandeln wollen. Aber ein schwerkranker Patient kann mit Aspirin nun mal nicht gesund werden.»

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