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Wahlkampf in Frankreich Stelldichein der fünf Aussichtsreichsten

Die Kandidaten fürs Präsidentenamt stellten sich am Fernsehen einem Schlagabtausch. Dabei interessierte vor allem das Aufeinandertreffen von Le Pen und Macron.

  • Mit der ersten Fernsehdebatte hat in Frankreich die heisse Phase des Wahlkampfs um das Staatspräsidentenamt begonnen.
  • Die fünf aussichtsreichsten Kandidatinnen und Kandidaten trafen sich vor den TV-Kameras.
  • Am 23. April findet der erste Wahlgang statt, zwei Wochen später wird im zweiten Wahlgang der Nachfolger oder die Nachfolgerin von François Hollande gekürt.

Mit einem heftigen Schlagabtausch zwischen dem unabhängigen Bewerber Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen ist Frankreichs Präsidentschaftswahlkampf in die heisse Phase gestartet.

Fünf Personen im Fernsehstudio.
Legende: Fillon, Macron, Mélenchon, Le Pen und Hamon (von links nach rechts). Reuters

Diskussion um Burkini

Die beiden beharkten sich unter anderem zur Frage des Islam und der hitzigen französischen Debatte um religiöse Symbole im öffentlichen Raum. Le Pen wärmte dabei den Streit um Ganzkörper-Schwimmanzüge für Musliminnen auf, der im vergangenen Sommer zu heftigen Diskussionen geführt hatte.

«Vor einigen Jahren gab es keine Burkinis an den Stränden», sagte sie. «Emmanuel Macron, Sie waren für den Burkini, oder?» Macron warf Le Pen daraufhin Provokation vor. «Sie tappen in die Falle, die Franzosen zu spalten», so der 39-Jährige. «Das hat nichts mit der Laizität (der Trennung von Kirche und Staat) zu tun.»

Macron fuhr Le Pen auch in die Parade, als diese anderen Kandidaten vorwarf, «nicht das Interesse der Franzosen» sondern grosser Konzerne zu vertreten. Der frühere Wirtschaftsminister ist Absolvent der Polit-Kaderschmiede ENA und war nach einer Beamtenkarriere zeitweise bei einer Bank tätig, bevor er in die Politik ging. «Ich werde Sie keine Verleumdung verbreiten lassen», hielt Macron ihr entgegen.

«Vizekanzlerin Merkels»?

«Ich will die Präsidentin Frankreichs sein und nicht eine unbestimmte Region der Europäischen Union beaufsichtigen», sagte Le Pen weiter und fügte hinzu: «Ich will nicht die Vizekanzlerin von Angela Merkel sein.» Sie machte auch deutlich, dass sie Frankreich gerne aus der EU hinausführen und aus der Währungsunion austreten würde.

Macron tritt dagegen für einen proeuropäischen, sozialliberalen Kurs an. Er sagte, den traditionellen Parteien sei es seit Jahrzehnten nicht gelungen, «die Probleme von gestern» zu lösen. «Sie werden das auch nicht morgen schaffen.»

Fillon gibt nicht auf

Neben Le Pen und Macron nahmen noch drei weitere Kandidaten an dem mit Spannung erwarteten TV-Schlagabtausch teil: der Sozialist Benoît Hamon, Linkspartei-Gründer Jean-Luc Mélenchon und der Konservative François Fillon. Letzterer galt lange als Favorit auf das Präsidentenamt, bis ihn ein Korruptionsskandal in der Wählergunst abstürzen liess.

Fillon stellte bei der Debatte seine staatsmännische Erfahrung als früherer Premierminister heraus. «Ich werde der Präsident der nationalen Sanierung sein», versprach er. Fillon will weitgehende Wirtschaftsreformen und einen klaren Sparkurs. In Umfragen liegt er aber derzeit abgeschlagen auf dem dritten Platz.

Fünf Haltungen zur Einwanderung

Zur Einwanderung lagen die Positionen weit auseinander. Während Le Pen ankündigte, die Immigration stoppen zu wollen, hielt der sozialistische Bewerber Hamon entgegen: «Der Anteil der Ausländer in Frankreich ist seit den 1930er Jahren stabil.» Der Linkspolitiker Mélenchon hielt eine Begrenzung für nicht umsetzbar. Fillon forderte ein Quoten-System bei der Einwanderung, das aber nicht für Asylbewerber gelten soll.

Le Pen versuchte, mit weitreichenden Forderungen zur Sicherheitspolitik zu punkten. Nach der Serie von Terroranschlägen, die Frankreich in den letzten Monaten getroffen haben, ist dies ein brisantes Thema.

Im Kampf gegen die Kriminalität will sie in den kommenden fünf Jahren 40'000 neue Gefängnisplätze schaffen. Der konservative Anwärter Fillon verwies dagegen auf Frankreichs angespannte Haushaltslage und warnte vor Versprechungen, die entweder nicht gehalten werden könnten oder das Land in den Bankrott führten. 16'000 neue Gefängnisplätze reichten.

Macron kam offenbar gut an

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Nach der Debatte beurteilten Fernsehzuschauer in einer Internet-Umfrage Emmanuel Macron als den überzeugendsten Kandidaten, gefolgt vom linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon. Auf dem dritten Platz lagen Marine Le Pen und François Fillon gleichauf. Den letzten Platz nahm in der Umfrage der Sozialist Benoît Hamon ein.

Le Pen und Macron liegen vorn

Le Pen und Macron haben laut Umfragen die besten Chancen, nach dem ersten Wahlgang am 23. April in die Stichwahl am 7. Mai einzuziehen. Dieses direkte Duell dürfte dann Macron klar für sich entscheiden. So sehen es zumindest die derzeitigen Umfragen.

Allerdings sind fast 40 Prozent der Wähler noch unentschieden. Und Demoskopen weisen darauf hin, dass viele Befragten nicht offen sagen wollen, für wen sie in der zweiten Runde stimmen würden.

Erstmals TV-Debatten in Frankreich

Es war dies die erste derartige Fernsehdebatte in einem französischen Wahlkampf überhaupt. Bis zur ersten Wahlrunde am 23. April sind noch zwei weitere Fernsehdebatten geplant. Sie könnten das Rennen um das höchste Amt im Staat massgeblich beeinflussen.

Über das Format der ersten TV-Debatte hatte es einigen Unmut gegeben. Denn bei der Präsidentenwahl treten elf Kandidaten an. Eingeladen wurden aber nur die fünf in Umfragen Bestplatzierten.

Der nicht von TF1 eingeladene rechtsgerichtete Kandidat Nicolas Dupont-Aignan kritisiert eine «mediale Manipulation». Er sagte, eine Vor-Auswahl der Kandidaten stehe den Fernsehsendern nicht zu. Dupont-Aignan, der in Umfragen auf drei Prozent der Stimmen kommt, war im Streit mit TF1 sogar vor Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht gezogen, unterlag dort aber.

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