«Sorry. Out of stock.» Eine Entschuldigung soll die Kundschaft besänftigen. In den «Tesco»-Supermärkten in Grossbritannien informiert dieser blaue Aufkleber auf leeren Harassen in der Gemüseauslage, dass die gewünschte Sorte vorübergehend ausverkauft ist.
Tesco ist die Nummer 1 der britischen Grossverteiler und hat Mitte Woche entschieden, den Verkauf von Tomaten, Gurken und Kopfsalat zu rationieren. Kunden dürfen ab sofort maximal drei Packungen pro Sorte kaufen, mehr nicht. So soll die knappe Menge dieser Gemüsesorten für mehr Haushalte reichen.
Dieselbe Einschränkung gilt bei Aldi auf Tomaten, Gurken und Peperoni. Der Grossverteiler Asda war Anfang Woche vorausgegangen. Und auch «Morrisons» rationiert das Gemüse.
Versorgungsengpass von mehreren Wochen
Das weckt Erinnerungen an leer gekaufte Läden im Jahr 2021 – kurz nach Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU. Laut Branchenkennern muss sich die Bevölkerung diesmal auf Lieferschwierigkeiten von drei bis vier Wochen einstellen.
Die gegenwärtigen Verzögerungen und Engpässe beim Import von frischem Gemüse aus Südeuropa und Nordafrika haben andere Gründe: Der überraschend raue Winter im Mittelmeerraum hat das Wachstum des Gemüses gebremst.
Und hoher Seegang zwischen Marokko und Spanien beeinträchtigte den Schiffsverkehr vorübergehend: Vom 9. bis 12. Februar blieben zahlreiche Frachtschiffe im Hafen von Tanger liegen, was die Lieferschwierigkeiten verschärft hat.
«Klimawandel führt zu mehr Engpässen – im Winter und im Sommer»
Zu den grossen Importeuren von frischem Gemüse aus dem Mittelmeerraum gehören die Riverford Organic Farmers. Sie sind in Südengland ansässig und verschicken ihre Gemüsepakete an ihre Kunden in ganz Grossbritannien. Seit zehn Tagen stockt der Nachschub. Und Geschäftsführer Luke King befürchtet, dass solche Lieferengpässe zur neuen Normalität zu werden drohen.
Gegenüber ITV News sagt King: «Der Klimawandel führt dazu, dass sich Wetter-Extreme – beispielsweise in Spanien – zu häufen beginnen; sowohl im Winter als auch im Sommer. Das führt zu Unterbrüchen in den Lieferketten. Der gegenwärtige Unterbruch dürfte drei bis vier Wochen dauern.»
Die Versorgungssicherheit unseres Landes ist in grosser Gefahr
Im Winter wird das in Grossbritannien verkaufte Frischgemüse – wie Tomaten, Gurken und Salate – mehrheitlich importiert. Bei den Tomaten sind es rund 95 Prozent. In diesem Winter ist die inländische Produktion noch weiter zurückgegangen, da mehrere Produzenten ihre Gewächshäuser wegen der Energiekosten stillgelegt haben.
Die Bauern-Organisationen schlagen Alarm. Liz Webster von der Lobby-Organisation Save British Food warnt: «Die Versorgungssicherheit unseres Landes ist in grosser Gefahr, wenn gleichzeitig mit den Importen auch die inländische Produktion zurückgeht.»
Webster fordert von der Regierung weitere Stützungsmassnahmen – bei den Energiekosten, damit die britischen Bauern weiterproduzieren können. Doch davon will Ernährungs- und Umweltministerin Thérèse Coffey nichts wissen. Im Parlament sagt sie Mitte Woche lakonisch: «Tomaten fehlen? Lasst die Menschen Rüben essen.»
Tatsächlich: Ganz auf Gemüse verzichten müssen Britinnen und Briten trotz allem nicht. Inländisches Lagergemüse vom vergangenen Sommer – wie beispielsweise Lauch, Karotten, Rüben, Kohl oder Sellerie – gibt es in den Supermärkten nach wie vor in rauen Mengen zu kaufen.