Darum geht es: Schweden und Finnland wollen in die Nato. Die meisten Staaten des Verteidigungsbündnisses haben dem Beitritt bereits zugestimmt. Doch die Türkei stellt sich quer – mit der Begründung, dass Schweden und Finnland Akteure unterstützten, die für die Türkei Terrororganisationen sind. Es geht dabei um Organisationen von Kurdinnen und Kurden. Nun hat Schwedens neuer, rechter Ministerpräsident Ulf Kristersson den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan besucht und ein gewisses Entgegenkommen signalisiert.
Es ist noch viel Diskussion nötig, bis eine Lösung gefunden ist.
Die Zugeständnisse: Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hat sich grundsätzlich dazu bereit erklärt, die Türkei bei der Terrorbekämpfung zu unterstützen, ausserdem wurde das Waffenexportverbot aus Schweden in die Türkei bereits aufgehoben. Kristersson kündigte zudem an, mehr Handel mit der Türkei treiben zu wollen. Erdogan verlangt aber auch die Auslieferung von Dutzenden kurdischen Journalisten aus Schweden. Hier ist noch völlig unklar, wie die schwedische Regierung vorgehen will. Immerhin: Vom schwedischen Aussenminister hiess es zuletzt, die von der Türkei als Terroristen gebrandmarkte Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien sei eine «zweifelhafte Gruppierung».
Das tut Erdogan jetzt: Der türkische Präsident will trotz der schwedischen Zugeständnisse seinen Widerstand gegen einen Beitritt Schwedens noch nicht aufgeben. «Erdogan sagte, er erwarte mehr von Schweden», sagt SRF-Nordeuropakorrespondent Bruno Kaufmann. Der türkische Präsident wird denn auch Ende November nach Stockholm reisen, wo bei den Beratungen auch die finnische Regierung teilnehmen soll. Erdogan verwies vor den Medien zudem explizit auf die türkischen Wahlen im nächsten Juni. «Es könnte also sein, dass er bis Juli 2023 mit der Ratifizierung des Beitrittsabkommens von Schweden und Finnland mit der Nato zuwartet», glaubt Kaufmann.
Die Reaktionen in Schweden: «Es gibt viel Kritik in Schweden», sagt Kaufmann zum Entgegenkommen der neuen Rechts-Regierung gegenüber Ankara. Die Türkei werde in Schweden nicht unbedingt als Demokratie wahrgenommen, zudem hätten in den letzten Jahren viele Kurden in Schweden Asyl erhalten. In Schweden werde aber vor allem befürchtet, dass man jetzt zum Preis eines Nato-Beitritts die eigenständige Aussenpolitik aufgebe.
Das sagt Finnland: Die finnische Regierung unterstützt die schwedischen Bemühungen um einen Dialog mit Ankara zwar, kritisiert aber das Entgegenkommen der schwedischen Regierung gegenüber Erdogan. Denn wie Schweden verfolge auch Finnland bei den Menschenrechten eine völlig andere Politik als die Türkei, sagt Kaufmann. So heisse es in Finnland etwa, man könne doch nicht die Demokratie infrage stellen, bloss, weil man der Nato beitreten wolle. «Da ist noch viel Diskussion nötig, bis eine Lösung gefunden ist», zeigt sich der Korrespondent überzeugt.