Die Küche in Hanadis Wohnung in Zarqa ist klein. Wenn die Mutter kocht und zwei ihrer vier Töchter Geschirr spülen, kommen sie kaum aneinander vorbei. Dennoch sind Hanadis Träume gross: Die 38-jährige Syrerin will eine Catering-Firma gründen. Kunden hat sie schon. Eine begehrte Spezialität auch: Makdous – mit Nüssen und Paprika gefüllte Mini-Auberginen.
«Vor zwei Jahren begannen mich Freunde dafür zu bezahlen, dass ich Makdous bei ihnen zu Hause kochte», erzählt Hanadi. Stolz zeigen die Töchter die Facebookseite mit den Gerichten ihrer Mutter, die auch ausserhalb ihres Bekanntenkreises begehrt sind.
Hanadi flüchtet 2011 nach Jordanien, bevor der syrische Bürgerkrieg ihre Heimatstadt Damaskus erreicht. An ein Hilfswerk wendet sie sich nie. Ihr Mann hat zunächst Arbeit, später verlässt er sie und ihre Töchter. Hanadi muss Geld verdienen.
Erfolg, aber kein Geld für Investitionen
Der Arbeitsmarkt ist schlecht und für eine Firmengründung verlangt der jordanische Staat von Flüchtlingen mehr Kapital als von Einheimischen. Hanadi tut sich deshalb mit einer Jordanierin zusammen. Das Geschäft läuft, aber Grossaufträge müssen sie ablehnen. Ihnen fehlt das Geld für eine grössere, professionellere Küche.
Die 37-jährige Syrerin Lara Shaheen hat in Amman die Firma «Jasmine» gegründet. Sie beschäftigt mehr als 30 Frauen: Syrerinnen und Jordanierinnen. Die Geschichte ihrer Firma hört sich an wie das Drehbuch zu einem Fernsehdrama.
Ein Job, den der Ehemann verbietet
2012 flüchtet Shaheen von Damaskus nach Jordanien. In ein Flüchtlingslager will sie nicht, und auch kein Geld von einem Hilfswerk. Sie will Flüchtlingsfrauen Arbeit geben. Mit ihren Ersparnissen von umgerechnet 7000 Franken mietet sie einen Raum.
Die Männer verboten ihren Frauen, auswärts zu arbeiten.
Sie kauft Nähmaschinen und Material und gründet ihre Firma, die syrische Seifen und Handarbeiten herstellt. Ihre ersten fünf Näherinnen findet sie im Flüchtlingslager. Nur: mit ihren Männern hat sie nicht gerechnet. «Die Männer verboten ihren Frauen, auswärts zu arbeiten», sagt sie. Heute arbeiten sieben Frauen bei ihr in der Firma, die anderen arbeiten zu Hause.
Jordanier stiehlt ihre Maschinen
Ihr Unternehmen ist erfolgreich, aber legal registrieren kann sie es zunächst nicht. Zu hoch ist der Betrag, den sie als Flüchtling dafür auf der Bank haben müsste. Ein Jordanier bietet ihr Hilfe an. Doch statt ihr zu helfen, registriert er die Firma unter seinem Namen und stiehlt eines Nachts alle Maschinen und Produkte.
Zu Shaheen sagt er: Sie habe keine Rechte, die Firma gehöre ihm. Die Polizei kann ihr nicht helfen, sie steht vor dem Nichts und will aufgeben. Doch ihre Angestellten flehen sie an, weiterzumachen, und verzichten einige Monate auf ihren Lohn.
Bekannte helfen, neue Nähmaschinen und Rohstoffe zu kaufen und Shaheens Kunden vor dem Mann zu warnen, der ihre Firma gestohlen hat: Er geht in Konkurs. Jetzt ist ihre Firma legal registriert, expandiert sogar in die Türkei.
Für Lara Shaheen ist nun trotzdem nicht «Ende gut, alles gut». Viele Benachteiligungen für Flüchtlingsfrauen bleiben. Oft steht ihnen die eigene Gesellschaft im Weg. Ein Mann, den Shaheen kennenlernte, wollte ihr verbieten, nach der Heirat ihre Firma weiterzuführen. Sie entschied sich gegen die Ehe – und für ihre Selbständigkeit, mit der sie andere Frauen inspirieren will.