Die Anschläge in Sri Lanka forderten bis jetzt 359 Tote und 400 Verletzte. Auf den Tourismus wird diese Anschlagsserie grosse Auswirkungen haben, wie Journalist Christoph Hein sagt.
SRF News: Wie gross ist die Angst, dass der Tourismus in Sri Lanka nun einbricht?
Christoph Hein: Die ist sehr gross. Diese fürchterlichen Anschläge sind eine Bremse, wie man sie sich schlimmer nicht hätte vorstellen können. Auf der ganzen Welt sehen wir Bilder von schwer bewaffneten Soldaten, von den zerstörten Kirchen und zerstörten Hotels. Da will im Moment keiner hin.
Was bedeutet ein Einbruch in der Tourismusbranche für Sri Lanka ?
Der Tourismus macht inzwischen, nachdem sich das Land vom Bürgerkrieg erholt hat, fünf Prozent der Wirtschaftsleistung Sri Lankas aus. Sri Lanka hat ungefähr 21 Millionen Einwohner und zählt 2.2 Millionen Touristen im Jahr. Man kann davon ausgehen, dass ungefähr 150'000 Menschen direkt vom Tourismus leben. Es gibt etwa 3500 Hotels und Unterkünfte, und nochmal eine Viertelmillion Menschen ist indirekt abhängig davon.
Bislang – mal abgesehen vom Tsunami – galt Sri Lanka als sicheres Reiseland.
Ist das Land auf den Tourismus angewiesen?
Zu weiten Teilen, ja. Natürlich ist es gezwungen, vor allem die herstellende Industrie hochzufahren. Das wird auch getan, das ist aber nicht einfach. Der Tourismus ist etwas, was man relativ schnell installieren kann, vor allem in einem Land, das so mit Stränden und Kulturerbe ausgestattet ist.
Wer reist nach Sri Lanka?
Wir hatten Zeiten, da waren es nur Hippies. Dann wurde Sri Lanka von dem Tsunami getroffen. Nachher kamen Leute, die Sri Lanka damals erst kennengelernt haben. Und inzwischen ist es ein Ziel für den Massentourismus. Die meisten Gäste kommen in Gruppen aus Indien. Mit denen kann man nicht so viel Geld verdienen wie mit europäischen Touristen. Westeuropa hat schon einen ganz wichtigen Rang. Bislang – mal abgesehen vom Tsunami – galt Sri Lanka als sicheres Reiseland.
Gibt es auch in Sri Lanka eine Kehrseite des Tourismus?
Die gibt es überall. Doch inzwischen begreifen die etwas entwickelten Länder, zu denen man Sri Lanka sicherlich zählen kann, dass der Tourismus eine gewisse Nachhaltigkeit braucht. Sie wissen, dass man zum Beispiel das Natur- und Kulturerbe auch vor Touristen schützen muss.
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich die Tourismusbranche nach Terroranschlägen nach relativ kurzer Zeit wieder erholt. Wird das auch in Sri Lanka der Fall sein?
Da bin ich ganz sicher. Es darf aber nicht immer wieder zu Anschlägen kommen, auch nicht zu kleineren Anschlägen. Da muss die Regierung anfangen, vernünftig gegen diesen Terror zu vorzugehen. Wenn ihr das gelingt, kann man davon ausgehen, dass sich das Land erholt. Wir haben beispielsweise bei den Anschlägen auf der Ferieninsel Bali in Indonesien 2002 und 2005 gesehen, dass Touristen glücklicherweise sehr schnell vergessen.
Das Gespräch führte Barbara Büttner.