Mehr als 170 Forscherteams liefern sich weltweit ein Rennen um den ersten Corona-Impfstoff. Bis Dienstag gehörte der Impfstoff von AstraZeneca zu den aussichtsreichsten Kandidaten – mehrere Zehntausend Tests standen bevor. Doch am Mittwoch erfolgte ein weltweiter Teststopp. Ein Proband zeigte offenbar schwere Nebenwirkungen.
Der Teststopp sei Routine, schreibt das Unternehmen: «In grossen klinischen Studien kann es zufällige Krankheitsfälle geben. Diese müssen unabhängig untersucht werden.»
Es ist nichts Aussergewöhnliches, dass ein solcher Test unterbrochen werden muss.
Das meint auch Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Public Health Instituts in Basel, der einen Schweizer Corona-Impfstoff-Test vorbereitet. Ein solcher Unterbruch gehöre zu einem seriösen Testverfahren. «Es ist nichts Aussergewöhnliches, dass ein solcher Test unterbrochen werden muss», sagt er. Man müsse sauber evaluieren, ob die Nebenwirkungen mit dem Impfstoff zu tun gehabt hätten oder nicht. Der Unterbruch bedeute eine Verzögerung aber keine Verhinderung des Impfstoffs.
198 verschiedene Stoffe sind im Rennen um die Corona-Impfung. Laut Daten der Weltgesundheitsorganisation befinden sich 142 in der vorklinischen Phase, sie werden also noch entwickelt. 29 Stoffe sind in der ersten und 18 in der zweiten Phase der klinischen Tests. In der dritten Phase, in der die Stoffe an grossen Gruppen getestet werden, sind neun Impfstoffe aufgeführt – darunter der von AstraZeneca. International zugelassen ist noch keiner.
Russland hat aber vor knapp einem Monat seinen Impfstoff «Sputnik V» bereits für eine breite Anwendung in der Bevölkerung freigegeben – ohne die Phase 3 durchlaufen zu haben. Für die internationale Forschergemeinschaft ist der russische Impfstoff ein Rätsel – in den entsprechenden Fachblättern wurde dazu nichts publiziert.
«Ich bin Arzt und ich habe mich impfen lassen. Nebenwirkungen habe ich keine gespürt», sagt Andrey Shkoda, Chefarzt am Spital Moskau Vorokhobov. Am Mittwoch haben nun in Moskau Impfungen im Rahmen der Phase 3 gestartet. Landesweit sollen 40'000 Personen an den Tests teilnehmen.
Das Rennen um den Corona-Impfstoff wird auch in Südamerika entschieden, das immer mehr zum Testlabor wird. Die meisten grossen Hersteller, darunter auch AstraZeneca, lassen ihre Impfstoffe hier testen, denn es gibt besonders viele Corona-Fälle. Der Teststopp hat deshalb in ganz Südamerika hohe Wellen geworfen.
Davon hofft die chinesische Firma Sinovac zu profitieren. «Wir sind in Phase 3 der klinischen Tests», sagt Liu Peicheng, Mediensprecher von Sinovac. Nun gehe es darum zu überprüfen, wie effektiv der eigene Impfstoff sei. Sinovac hoffe, Ende des Jahres die Tests abzuschliessen und die Zulassung in den wichtigen Ländern zu erhalten. «Wir erwarten, dass der Impfstoff noch vor Ende des Jahres einsetzbar ist», betont der Sprecher.
Wann und wer das Ziel im Rennen um den Corona-Impfstoff als Erster erreicht, hängt von den grossangelegten Tests in den nächsten Wochen ab.