Himmelbett-Übernachtung im geheizten Dom-Zelt, privates WC, Gourmet-Essen auf dem Gletscher und Massagen im höchsten Spa-Zelt der Welt, auf über 5000 Metern Höhe: So wirbt das US-Unternehmen «Climb the Seven Summits» in den sozialen Medien um Luxus-Bergtouristen im Everest-Basislager.
Diesen Luxus-Tourismus will Nepal nicht länger dulden: Betroffene Everest-Gemeinden und die Regierung wollen schon für die anstehende Frühjahrssaison neue Regeln erlassen. Zwei neue Tourismusgesetze sind gerade in Abstimmung.
Weniger Platz pro Zelt
Vorgesehen ist unter anderem, den Zeltplatz pro Tourist deutlich zu begrenzen. Speisezelte und private Toilettenzelte sollen ganz verschwinden, Helikopterflüge auf Rettungseinsätze reduziert werden. Alle kommerziellen Aktivitäten im Everest-Basislager, die nichts mit dem Bergsteigen zu tun haben, sollen verboten werden.
Zur Begründung sagt Rakesh Gurung, der im nepalesischen Tourismusministerium für die Entwicklung des Tourismus zuständig ist: «Bergsteigen ist Abenteuer. Darum müssen Luxus-Aktivitäten wie Spa gestoppt werden.»
Die geplanten neuen Regeln sollten auch die Ressourcen schonen, betont Gurung. Darum werden Bergsteiger unter anderem verpflichtet, ihre Exkremente in speziellen Beuteln selbst wieder nach unten zu tragen. «Das Weltkulturerbe Mount Everest muss geschützt werden», sagt Gurung. Abfall sei ein grosses Problem.
Allein im letzten Jahr hätten rund 2000 Menschen das Everest-Basislager besucht. Der menschliche Fussabdruck müsse kleiner werden, sagt Tourismusplaner Gurung. Nicht leiden soll dabei der finanzielle Fussabdruck: Die Regierung in Kathmandu will den Eintrittspreis für den Zugang zum Everest von 11'000 auf 15'000 Dollar erhöhen.
Enttäuschter US-Anbieter
Für Luxus-Trekkinganbieter wie «Climb the Seven Summits» sind die Pläne eine böse Überraschung. Sie habe erst vor Kurzem davon erfahren, sagt Co-Chefin Caroline Pemberton. Die Everest-Touren für diese Saison, die im April beginnt, seien längst verkauft. Daran hingen Millionen von Dollar an Investitionen und Hunderte lokaler Arbeitsplätze.
«Ich bin sehr traurig und enttäuscht», sagt Pemberton. «Wir haben sehr viel zu dieser Industrie und der nepalesischen Wirtschaft beigetragen und würden das auch gerne weiter tun.» Ihr Unternehmen sei eines der ersten gewesen, das Abfall und Exkremente wieder nach unten getragen habe. Freiwillig.
Im Übrigen gebe es vergleichsweise wenige Luxus-Bergtouristen, sagt die Australierin. In ihrem Unternehmen seien es bloss vier bis sechs pro Jahr. Diese gäben in Nepal zehnmal mehr Geld aus als ein durchschnittlicher Everest-Tourist. Ihr Ressourcenverbrauch sei aber kaum grösser als der eines Durchschnittsberggängers.
«Auch Luxus-Touristen mit privatem WC-Zelt gehen ja nicht öfter auf die Toilette als andere», sagt Pemberton.
Nepalesen wollen Geschäft in eigenen Händen
Die Australierin, die mit Ehemann und Extrem-Bergsteiger Mike Hamill das Unternehmen führt, vermutet ganz andere Motive hinter den geplanten Verboten: «Wir haben Gerüchte gehört, dass einheimische Unternehmen internationale Konkurrenten wie uns loswerden wollen.»
In der Tat dementiert das Dawa Steven Sherpa, Chef des nepalesischen Verbands der Trekking-Anbieter, nur halbherzig. Es liege nun mal in der Natur des Wettbewerbs, Konkurrenten vom Markt zu drängen, sagt er lachend.
Die neuen Regeln richteten sich zwar nicht primär gegen ausländische Anbieter, aber: Es sei eine Tatsache, dass nepalesische Anbieter von Jahr zu Jahr professioneller würden, ihren Service aber trotzdem günstiger anbieten könnten als ausländische Firmen. Das setze diese zunehmend unter Druck.
«Die neuen Regeln zielen nicht darauf, Luxus am Everest-Basislager zu bannen», sagt Steven, der selbst Trekking-Unternehmer und Bergführer ist und die Regierung bei der anstehenden Regulierung beraten hat. Es gehe eher darum, mehr Platz für alle zu schaffen, etwa durch kleinere Zelte. Und darum, Überflüssiges vom Berg zu verbannen. Über die Details der Umsetzung könne man noch diskutieren.
Eines müsse man bei der Diskussion immer im Hinterkopf behalten, sagt Steven: «Bergtourismus ist für Nepal zuallererst ein wichtiges Geschäft.» Die Regierung wolle dieses Geschäft nachhaltiger machen. Aber ganz bestimmt nicht beschneiden.
Nur noch qualifizierte Bergsteiger?
Die schweizerisch-deutsche Extrembergsteigerin, Buchautorin und Wahl-Nepalesin Billi Bierling ist überzeugt, dass der Mount Everest noch mehr Touristinnen und Touristen vertragen kann. Aber nur, wenn Nepal es «richtig» mache und die Bergtouristinnen und -touristen respektvoller mit dem Berg umgingen.
Die Alpinistin, die 2009 selbst auf den höchsten Berg gestiegen ist, leitet die Himalayan Database, eine Zusammenstellung von Aufzeichnungen über alle Expeditionen, die im nepalesischen Himalaya unternommen wurden. Diese Statistik zeigt, dass die Zahl der Besteigungen in den letzten 10 bis 15 Jahren deutlich gestiegen ist.
Billi Bierling hat aber Zweifel, ob mit dem geplanten Luxus-Bann im Everest-Basislager die gewünschten Ziele erreicht werden. Viel sinnvoller wäre es, findet sie, den Zugang zum Everest für wenig qualifizierte Berggänger zu erschweren.
«Es ist wirklich Wahnsinn, wie viele Leute und was da alles hochkommt», sagt die Wahl-Nepalesin. Viele könnten nicht einmal mit Steigeisen umgehen und hätten sich vorher noch nie angeseilt. Bierling hat einen Vorschlag, wie man die Spreu vom Weizen trennen könnte: «Wer auf den Everest will, muss vorweisen, schon einmal auf einer 8000er-Expedition gewesen zu sein.»
Das sei bereits seit vielen Jahren immer wieder im Gespräch, sagt Bergführer Dawa Steven. Aber chancenlos. «Wenn Nepal den Zugang erschwert, steigen die Leute von China aus auf den Everest», sagt er. China gehört die andere Hälfte des Berges. Und China ist nicht so stark abhängig von den Lizenz-Einnahmen wie der kleine, arme Nachbarstaat.
Eine einseitige Zugangsbegrenzung könne sich Nepal schlicht nicht leisten.