Am heutigen Super Tuesday ist erstmals auch der New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg ins Rennen der Demokraten ums Weisse Haus gestiegen. Die ersten vier Vorwahlen hatte der 78-jährige Multimilliardär ausgelassen. Dafür überzog er das Land mit einer beispiellosen Werbekampagne, die bisher eine halbe Milliarde Dollar gekostet hat. So hat er als einziger in fast allen 14 Super-Tuesday-Staaten vor Ort Kampagnen-Organisationen geschaffen, auch in Texas.
An die Latinos von San Antonio
Ganamos con Mike – Wir gewinnen mit Mike Bloomberg. So lautet das Motto vom Bloombergs Wahlkampfauftritt in San Antonio. Der Anlass ist auf Latinos ausgerichtet, die fast 40 Prozent der Bevölkerung von Texas ausmachen.
Gekommen sind aber vor allem wohlhabende Weisse, meist im Pensionsalter. Im Gegensatz zu Trump sei Bloomberg ein wirklich erfolgreicher Geschäftsmann, sagt der über 70-jährige Randy Fields, ein früherer Unternehmer. Dass Bloomberg bereits eine halbe Milliarde in seinen Wahlkampf gesteckt hat, stört ihn nicht.
Attribut: erfolgreich
Aber wirkt Bloomberg nicht bisweilen überheblich, gar arrogant? Nun ja, da sei was dran, gesteht Randys Ehefrau Laura: «Aber wer erfolgreich sein will, braucht halt viel Selbstvertrauen. Und Mike ist erfolgreich.» Zwar löse Bernie Sanders bei Jungen mehr Begeisterung aus, aber Senioren gingen in grösserer Zahl zur Urne.
Der Auftritt von Bloomberg ist perfekt inszeniert. Enthusiastische Fans werden gezielt dort postiert, wo sie für die Fernsehkameras gut sichtbar sind. Der 78-Jährige gibt sich locker. Viele Pointen wirken aber anbiedernd und kommen vom Teleprompter.
Er habe nicht nur die Erfahrung, sondern auch die finanziellen Mittel, um Trump zu schlagen, betont er immer wieder. Nur einmal bittet er: «Ich brauche eure Mitarbeit. Ruft Freunde an und klopft bei Nachbarn an die Tür!»
Kaum Freiwillige in der texanischen Hauptstadt
Dass die Bloomberg-Kampagne wenig Freiwilligen-Unterstützung hat, zeigte sich zuvor bei einem Besuch in der lokalen Wahlkampfzentrale im Süden von Austin.
Rund ein Dutzend gut bezahlte Mitarbeiter kümmern sich dort um die vier anwesenden Journalisten. Aber es ist nicht viel los an diesem Samstagnachmittag. Der erhoffte Ansturm von Freiwilligen bleibt aus: Gerade mal fünf ältere Bloomberg-Fans sitzen etwas verloren im grossen Saal und rufen unentwegt potenzielle Wählerinnen an.
Meist landet Dorothy Delegarsa nur auf dem Telefonbeantworter, oder das Telefon läutet ins Leere. Der 75-Jährige zeigt dennoch Kampfgeist. Als langjährige Republikanerin engagiert sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben für einen Demokraten. Die Menschen hätten an diesem sonnigen Frühlingstag halt einfach andere Prioritäten, erklärt sie sich die schwache Unterstützung Bloombergs durch Freiwillige.
«Reserviert und kühl»
Kritischer sieht es Susan Meredith, eine pensionierte Ingenieurin. Bloomberg habe einfach Mühe, eine persönliche Verbindung zu gewöhnlichen Menschen herzustellen. Mike sei reserviert und kühl. Zwar bräuchte das Land jetzt eigentlich genau so einen Präsidenten. Aber die meisten liessen sich eben vor allem durch Emotionen bewegen.
Bloomberg hat mit einer beispiellosen Werbekampagne zwar grosse Bekanntheit erlangt. Aber der Funke will nicht springen. Mit Geld lässt sich Vieles realisieren. Begeisterung gehört augenscheinlich nicht dazu.
srf/brut, Echo der Zeit, 18.00 Uhr.