Dass die Notre-Dame-Kathedrale in Paris wieder aufgebaut wird, darüber ist man sich im ganzen Land einig. Das hatte Präsident Emmanuel Macron kurz nach dem Brand des Gotteshauses auch versprochen. Allerdings gehen die Vorstellungen, wie die Kirche genau renoviert werden soll, weit auseinander.
Das Parlament diskutierte am Freitag über ein Gesetz, welches Sondervollmachten für die Regierung vorsieht. Mittels derer könnte Macron bis Ende Jahr die wichtigsten Weichen für den Wiederaufbau von Notre-Dame stellen. Dabei geht es um den Aufbau der Organisation, die die Verwendung der privaten Spenden regelt, und um die konkrete Vorbereitung des Wiederaufbaus.
Präsident Macron als Chefarchitekt
Der Präsident würde sich damit zum Chefarchitekten machen, kritisiert die Opposition. «Sie wirft Macron auch vor, dass er sich mit dem Versprechen, Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren noch schöner wieder aufzubauen, unnötig in Zugzwang gebracht hat», sagt SRF-Korrespondent Daniel Voll.
Die Opposition wirft Macron vor, dass er sich mit dem Versprechen, Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen, unnötig in Zugzwang gebracht hat.
Dabei dauere es voraussichtlich noch drei bis vier Monate, bis überhaupt klar sei, in welchem Zustand die Reste der Kathedrale überhaupt sind. «Was aber vor allem kritisiert wird, ist, dass Spenden in Frankreich teilweise sehr grosszügig von den Steuern abgezogen werden können», so Voll.
Offener Brief von 1000 Fachleuten
Aber nicht nur die Opposition ist kritisch gegenüber dem Gesetz, auch Fachleute sind es. Sie kritisieren die Eile, mit der die Regierung das Projekt an die Hand genommen hat. Bevor eine genaue Analyse des Schadens vorliege, wolle die Regierung bereits Entscheide fällen. Das sei falsch. Zuerst brauche es eine Diskussion darüber, wie Notre-Dame wiederaufgebaut werden soll.
Dies haben vergangene Woche über 1000 Wissenschaftler und Baufachleute in einem offenen Brief an Macron gefordert. Die Unterzeichner befürchten zudem, dass der Unterhalt anderer historischer Gebäude leiden wird, weil kompetente Fachleute von anderen Baustellen abgezogen würden.
Die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung sind klar. Ein Rückweisungsantrag der Opposition, der eine gründliche Diskussion in einer Kommission verlangte, hatte keine Chance. Nach einer 13 Stunden andauernden Debatte stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten am späten Freitagabend für den Gesetzentwurf, der Ausnahmen unter anderem beim Denkmal- und Umweltschutz sowie öffentlichen Ausschreibungen vorsieht. Der Senat befasst sich am 27. Mai mit dem bei der Opposition umstrittenen Gesetzestext.