In der innerparteilichen Vorwahl der Demokraten im US-Bundesstaat Michigan erhält Präsident Joe Biden einen Denkzettel. Zwar ist Biden als Präsidentschaftskandidat seiner Partei schon so gut wie gesetzt, doch rund 15 Prozent der wählenden Demokratinnen und Demokraten entschieden sich, einen leeren Wahlzettel einzulegen. SRF-USA-Korrespondent Andrea Christen schätzt ein.
Warum protestieren demokratische Wählerinnen und Wähler gegen Biden?
Es geht vor allem um den Krieg im Gazastreifen. In Michigan leben viele Menschen mit arabischer oder muslimischer Herkunft. Sie verlangen von Präsident Biden, er solle sich für einen permanenten Waffenstillstand einsetzen und keine Waffen mehr an Israel liefern. Ihm wird vorgeworfen, er trage eine Mitschuld an einem angeblichen Völkermord im Gazastreifen. Die Unterstützung von Israel ist für Biden zur politischen Hypothek geworden. Und auch linke, progressive, junge Wählerinnen und Wähler haben mit ihren Proteststimmen eine Botschaft an Biden gesendet.
Was bedeutet dieses Resultat für den Präsidenten?
Es ist ein sehr deutliches Warnzeichen. In den Vorwahlen in Michigan gibt es jeweils etwa 20'000 Wählerinnen und Wähler, die «uncommitted» wählen, also keinen der Kandidaten. Aber die Zahl, die sich jetzt weigert, für den amtierenden Präsidenten zu stimmen, geht sehr weit darüber hinaus. Nicht nur in Michigan haben sich in dieser vielfältigen demokratischen Wählerbasis Risse aufgetan. Es gibt dort teilweise wenig Begeisterung für Biden, es gibt sogar richtige Wut gegen ihn.
Weshalb ist die Protestwahl in Michigan ein Alarmsignal für Biden?
Die Präsidentschaftswahl wird in einer Handvoll Bundesstaaten entschieden. Und Michigan ist einer davon. Biden hat diesen Bundesstaat 2020 gewonnen, aber 2016 hat dort Donald Trump mit nur knapp 11'000 Stimmen Vorsprung gesiegt. Das zeigt, wie knapp die Resultate in diesen Bundesstaaten sein können. Darum sind diese vielen Proteststimmen für Biden ein Problem.
Welche Auswirkungen hat der Protest auf die Präsidentschaftswahl?
Das ist die grosse Frage: Was werden diese Wählerinnen und Wähler am 5. November tun? Es ist nur schwer vorstellbar, dass sie in grosser Zahl für Donald Trump stimmen werden. Vielleicht stimmen sie, wenn es hart auf hart kommt, dann trotzdem für Biden. Aber sie könnten auch entscheiden, gar nicht zu wählen oder für einen Drittkandidaten zu stimmen. Das Biden-Lager wird jedenfalls in den nächsten Monaten versuchen müssen, diese breite, diverse Koalition zu kitten.
Wie ist die Vorwahl für Donald Trump gelaufen?
Auch Trump wird auf der republikanischen Seite in der eigenen Basis einen Spalt kitten müssen. Er hat die Vorwahl in Michigan zwar deutlich gewonnen. Aber etwas weniger als 30 Prozent der republikanischen Stimmen gingen an seine letzte Widersacherin Nikki Haley.