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Trump und König Abdullah Schulze: «Eine Trumpsche Lösung würde Jordanien nicht überleben»

Donald Trump möchte den Gazastreifen kaufen und die Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets dauerhaft in arabische Staaten der Region umsiedeln. Das hat der US-Präsident bei einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. bekräftigt. Diesen Plan lehnt der jordanische König ab. Islamwissenschaftler Reinhard Schulze schätzt ein.

Reinhard Schulze

Islamwissenschaftler

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Reinhard Schulze studierte von 1974 bis 1981 Orientalistik und Islamwissenschaft, Romanistik und Linguistik an der Universität Bonn. Von 1987 bis 1992 wirkte er als Professor für Orientalische Philologie an der Ruhr-Universität Bochum, zwischen 1992 und 1995 als Professor für Islamwissenschaft und Arabistik an der Universität Bamberg. Ab 1995 bis zu seiner Emeritierung 2018 war er ordentlicher Professor für Islamwissenschaft und Neuere Orientalische Philologie an der Universität Bern. Schulz’ wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf der Erforschung des sozialen Wandels im Kontext der islamischen Welt.

SRF News: Beim Treffen mit Trump hat der jordanische König Nein gesagt zu den Umsiedelungsplänen – kann er selbstbewusst Nein sagen?

Reinhard Schulze: Er wird das auf jeden Fall selbstbewusst vertreten. König Abdullah wird auch versuchen, in der jordanischen Öffentlichkeit und damit in der arabischen Öffentlichkeit zu zeigen, dass er die Alternative zu Trump ist. Und dass er mit seinem Nein auch gleichzeitig ein bestimmtes politisches Programm verbindet und versucht, das auch in der eigenen Gesellschaft, wie auch in der arabischen Öffentlichkeit durchzusetzen.

Zwei Männer schütteln sich die Hände in einem Büro.
Legende: Ein Bild, das zu Reden gibt: US-Präsident Trump wirkt entschlossen, der jordanische König Abdullah skeptisch. Keystone/Photo/Alex Brandon

Jordanien ist finanziell abhängig von den USA. Was würde geschehen, wenn die USA Jordanien nicht mehr unterstützen würden?

König Abdullah würde Vorsorge tragen, indem er mit den Golfstaaten, mit Saudi-Arabien versuchen würde, Ersatz zu verhandeln. Daran kann man schon erkennen, dass es entweder in Richtung arabische Lösung oder amerikanische Lösung hinauslaufen wird. Wenn es eine arabische Lösung ist, wird auch Jordanien sehr viel stärker an die Logiken arabischer Politik im Nahen Osten angebunden werden als an die amerikanische Politik.

Treffen zwischen Trump und König Abdullah II.

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US-Präsident Donald Trump hat seinen Plan erneuert, den Gazastreifen unter US-Kontrolle zu bringen und die palästinensische Bevölkerung umzusiedeln. Bei einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. im Weissen Haus verteidigte er seine Idee, die in Washingtons arabischen Partnerstaaten auf scharfe Ablehnung stösst.

Der König teilte mit, sein Land wolle 2000 kranke Kinder aus dem Gazastreifen aufnehmen. Bei der Aufnahme weiterer Menschen aus dem Gazastreifen, wie von Trump gefordert, gab sich der König zurückhaltender, wenn auch nicht gänzlich ablehnend. Für weitere Massnahmen wolle er aber auf einen Plan warten, den Ägypten gerade ausarbeite.

Inzwischen hat Ägypten einen Plan für den Wiederaufbau des Gazastreifens angekündigt. Man werde einen umfassenden Vorschlag ausarbeiten, teilte das ägyptische Aussenministerium mit. Dieser solle auch sicherstellen, dass die palästinensische Bevölkerung in ihrem Land bleiben könne. Ägypten sicherte zu, dabei mit den USA zusammenarbeiten zu wollen.

Wie könnte so eine arabische Lösung aussehen?

Es wird schon diskutiert, dass man für Gaza so etwas wie eine Lösung schaffen könnte, die man mit dem Dayton-Abkommen für Bosnien und Herzegowina entwickelt hat. Also so etwas wie eine internationale Gemeinschaft als eine Art von Souverän für die Bevölkerung und den Gazastreifen und gleichzeitig eine lokale Exekutive, die auch die Unabhängigkeit Gazas auch von Palästina mitgestalten könnte.

Wenn die israelische Politik so ausgerichtet ist, dass das jordanische Mandat in Bezug auf die Al-Aksa-Moschee zurückgefahren wird, dann wird es in Jordanien zu einer sehr heftigen Debatte kommen.

Der jordanische König ist Hüter der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem. Zudem leben in Jordanien viele Palästinenserinnen und Palästinenser, die König Abdullah auf die Finger schauen. Welche Gefahren lauern von seinem Volk auf ihn?

Solange Jordanien klarmachen kann, dass es immer noch ein Mandat hat in Bezug auf die Stiftungen und das Stiftungsland, das die Al-Aksa-Moschee umgibt, wird wahrscheinlich so etwas wie ein Konsens in der jordanischen Gesellschaft bestehen. Wenn hingegen die israelische Politik so ausgerichtet ist, dass das jordanische Mandat zurückgefahren wird, dann wird es in Jordanien zu einer sehr heftigen Debatte kommen. Das könnte dann die Legitimität des Herrscherhauses direkt infrage stellen.

Was würden Sie als Experte dem jordanischen König raten?

Ich würde auf alle Fälle versuchen durchzusetzen, dass es eine Art von reformierter Auffassung einer Zweistaatenlösung geben müsste. Dass also nicht das alte Ideal der Zweistaatenlösung im Vordergrund steht, sondern eine Art von neuer Verhandlung um eine Zweistaatenlösung in den Mittelpunkt der Politik gerückt würde. Denn damit hätte auch der König sehr viel mehr Spielraum, als wenn er sich festlegt auf eine Situation von 1967, die keine Möglichkeiten mehr eröffnet, mit der israelischen Politik und der Opposition in Israel so zu verhandeln, dass ein neuer nahöstlicher Konsens entsteht. Eine solche Politik sollte von Jordanien mit in Erwägung gezogen werden. Andernfalls droht eine Trumpsche Lösung – und die ist keine Lösung, die Jordanien überleben würde.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Rendez-vous, 12.2.2025, 12:30 Uhr ; 

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