Worum geht es? Die Nato versiebenfacht ihre schnellen Eingreifkräfte. Die Eingreiftruppe wird künftig statt 40'000 gut 300'000 Soldatinnen und Soldaten umfassen.
Ist das eine Aufrüstung? Es handelt sich um einen gewaltigen Schritt, jedoch um keinen eigentlichen Aufrüstungsschritt. Das sagt der diplomatische SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger. Die Nato werde nicht grösser. Sie wolle aus den bestehenden Beständen mehr herausholen. «Ein Grossteil der Soldaten für diese Eingreiftruppe existiert bereits, verteilt auf die 30 Nato-Mitgliedstaaten.»
Was ändert sich? Wenn irgendwo eine Krisensituation ist, kann der Nato-Oberbefehlshaber in relativ kurzer Zeit Verstärkung anfordern. Er kann diese Soldatinnen und Soldaten in den Nato-Mitgliedsländern im Ernstfall neu in maximal zehn Tagen anfordern. «Durch dieses neue strategische Konzept wird die Nato wendiger, flexibler und schneller. Sie kann künftig deutlich rascher Truppenkontingente innerhalb ihres Raumes verschieben», sagt Fredy Gsteiger.
Soll die Aufstockung abschrecken? Bisher war die Nato auf Friedenszeiten ausgerichtet. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine muss man sich wieder mit möglichen Kriegsszenarien befassen. «Man kann durchaus sagen, dass diese Abschreckungsidee das zentrale Ziel dieses Umbaus bei der Nato ist», erklärt der diplomatische Korrespondent, «die Nato will mehr Soldatinnen und Soldaten in hoher Bereitschaft haben.
Sie verspricht sich davon, dass Russland davon abgehalten werden kann, künftig auch ein Nato-Land anzugreifen. Anders als früher im Fall Georgien und jetzt im Fall Ukraine.»
Wird das Baltikum künftig besser geschützt? Die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland erhoffen sich schon lange eine stärkere Nato-Präsenz im östlichen Bündnisgebiet. Ein besserer Schutz des Baltikums ist ein Ziel der Aufstockung, schätzt Gsteiger. «Die Nato-Beistandspflicht nach dem Prinzip ‹einer für alle, alle für einen› verlangt, dass die Nato ein Nato-Mitgliedsland, das angegriffen wird, verteidigen muss.» Das war im Fall des Baltikums bisher zum Teil eher Theorie. Mit der neuen Strategie wird das im Ernstfall möglich.
Wer zahlt die Aufstockung? Fredy Gsteiger rechnet nicht mit rapide höheren Kosten durch die Erhöhung der Bereitschaft. «Die Soldaten existieren bereits, beziehen bereits ihre Gehälter. Sie haben ihre Kasernen. Material und Munition sind grundsätzlich vorhanden.» Die Mobilität solle gefördert werden. Unabhängig davon wachse der Finanzbedarf bei der Nato aber.
Wieso ist der Nato-Finanzbedarf erhöht? In den vergangenen drei Jahrzehnten haben sich die Länder auf Friedenszeiten eingerichtet. «Man hat sozusagen eine Friedensdividende bezogen», sagt der diplomatische SRF-Korrespondent. Viele Länder haben abgerüstet. Nun streben sie wieder eine Aufrüstung an. «Das Ziel für jedes Nato-Land ist, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgegeben werden. Nur wenige Nato-Mitgliedsländer erfüllen das im Moment. Viele bewegen sich aber in diese Richtung.»