Der konservative TV-Sender Fox News hat sich vom umstrittenen Starmoderator Tucker Carlson getrennt. Doch das bedeute keineswegs, dass Fox News seinen stramm rechten Kurs jetzt aufweiche, sagt Curd Knüpfer, Experte für US-Medien.
SRF News: Wie ist die Entscheidung von Fox News zu verstehen, sich von Tucker Carlson zu trennen?
Curd Knüpfer: Die Trennung war nicht erwartet worden und erfolgte überraschend. Noch am Freitag war angekündigt worden, dass Tucker Carlson am Montagabend eine Sendung auf Fox News moderieren würde.
Offiziell wurden keine Gründe genannt – weshalb wohl muss Carlson gehen?
Da kann man nur spekulieren. Doch der Kontext der Entlassung ist wichtig: Vor einer Woche hat sich Fox News in einer aussergerichtlichen Einigung dazu verpflichtet, eine Dreiviertel Milliarde Dollar an einen Hersteller von Wahlmaschinen zu bezahlen. Tucker Carlson hatte in seiner Sendung Unwahrheiten über die Firma verbreitet.
US-Medien spekulieren, Tucker Carlson sei bei Fox-News-Besitzer Rupert Murdoch in Ungnade gefallen.
Es ist anzunehmen, dass hier ein Zusammenhang mit der Entlassung Carlsons besteht. In US-Medien wird spekuliert, dass der Entscheid wohl ganz oben in der Unternehmensleitung getroffen wurde, beim Medienmogul und Fox-News-Besitzer Rupert Murdoch. Carlson sei bei ihm wohl in Ungnade gefallen, heisst es.
War Carlson also nicht mehr tragbar für den Sender?
Fox News ist in erster Linie ein Business. Murdoch wird sich also nicht gefreut haben über die hohen Ausgaben im Zusammenhang mit der Wahlmaschinen-Firma. Zudem verhandelt Fox News derzeit mit verschiedenen Kabelanbietern – möglicherweise gibt es bei diesen immer stärkere Vorbehalte, den vergleichsweise teuren Sender angesichts seiner starken politischen Polarisierung weiterhin in ihrem Angebot zu führen.
Tucker Carlson bei Fox News
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Bild 1 von 5. Nach seiner Zeit bei CNN und NBC stand Carlson Tucker seit Mai 2009 beim Fox News Channel unter Vertrag. Dort trat er zunächst als Kommentator und Teilnehmer in Diskussionsrunden auf. Bildquelle: Imago/Brian Cahn.
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Bild 2 von 5. Ab 2016 hatte er seine eigene Talkshow «Tucker Carlson Today». Diese lief jeweils zur Prime Time um 20 Uhr und galt als eine der beliebtesten politischen Sendungen in den USA. Die Inhalte und Aussagen von Carlson wurden oft kontrovers diskutiert. Bildquelle: AP Photo/Richard Drew.
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Bild 3 von 5. Er verbreitete des Öfteren Behauptungen und Verschwörungstheorien, wie die unter Rechtsextremen beliebte Verschwörungstheorie des Grossen Austauschs. Demnach soll die Bevölkerung der USA durch Nichtweisse und Muslime ersetzt werden. Auch bezeichnete Carlson den Sturm aufs Capitol im Januar 2021 als eine durch das FBI inszenierte Aktion. Bildquelle: Imago/Brian Cahn.
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Bild 4 von 5. Nach der Wahl von US-Präsident Joe Biden bezeichnete Carlson diesen als Marionette der Reichen und verbreitete die Behauptung, die Wahl sei wegen manipulierten Wahlmaschinen unrecht verlaufen. Auch wegen dieser Aussage musste Fox News nun 787.5 Millionen Dollar Schadenersatz an Dominion, den Hersteller der Wahlmaschinen, zahlen. Bildquelle: AP Photo/Seth Wenig.
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Bild 5 von 5. Tucker Carlson zählte zu den grössten Unterstützern von Donald Trump. Doch aus den Gerichtsunterlagen der Dominion-Klage ging hervor, dass Carlson in Chatnachrichten den Ex-Präsidenten eigentlich nicht leiden konnte. «Ich kann es kaum erwarten, Trump jeden Abend ignorieren zu können. Ich hasse ihn leidenschaftlich», soll er geschrieben haben. Bildquelle: AP Photo/Seth Wenig.
Wie wichtig war Tucker Carlson als Aushängeschild für Fox News?
Auch wenn er nicht mehr wirklich jung war, hatte Fox News auf ihn als neues Gesicht gesetzt. Dies nachdem Bill O'Reilly, der seit 1996 der wichtigste Moderator von Fox News war, 2017 wegen verschiedener Skandale und Vorwürfen wegen sexueller Belästigung gehen musste.
Bei Fox News verfolgte Tucker Carlson ein Image als neokonservativer bis identitär-rechtsextremistischer Moderator.
Carlson seinerseits war ebenfalls kein Neuling, als er vor sechs Jahren bei Fox News anfing. Er war früher bei CNN, später bei MSNBC – an beiden Orten wurde er übrigens ebenfalls gefeuert. Bei Fox News verfolgte er ein Image als neokonservativer bis identitär-rechtsextremistischer Moderator. Der Sender versuchte mit ihm, neue Zuschauer aus der altright-Ecke im Internet abzuholen und das etwas verstaubte, auf Babyboomer ausgelegte Image des Senders zu verjüngen.
Welche Folgen hat der Abgang Carlsons für Fox News?
Wahrscheinlich keine allzu grossen. Carlson dürfte rasch ersetzt werden. Wer das sein wird, ist allerdings unklar, denn der Trennungsentscheid kam wie gesagt überraschend. Doch Fox News ist mehr als bloss ein Gesicht, und der Sender wird weiterhin seine Linie verfolgen – er kann gar nicht anders. Er hat ein Publikum zu bedienen, und ich würde nicht ausschliessen, dass der Nachfolger von Tucker Carlson sogar noch radikaler und politisierter ist als dieser es war.
Das Gespräch führte Zoe Geissler.